Ein Werk des Teufels

Hinterkaifeck: Mysteriöser Sechsfachmord von 1922 als ZDF-Doku

Die Nacht vom 31. März auf den 1. April 1922 ist stürmisch. Es schneit und regnet. Ein eiskalter Wind fegt über die oberbayerische Einöde. Der Winter stellt sich noch einmal stur. Als die Nacht vorbei ist, sind sechs Menschen tot, grausam umgebracht. Der Tatort: Hinterkaifeck, ein Aussiedlerhof bei Gröbern, einem Dorf vierzig Kilometer von Ingolstadt entfernt. 

In dieser Nacht ist der Teufel über Hinterkaifeck gekommen“, sagen die Leute aus der Region bis heute. 87 Jahre liegt jene Nacht zurück. Nach wie vor löst sie Schaudern und Entsetzen aus, aber auch Faszination und Neugier.

Polizeischüler ermitteln Tatverdächtigen
Was ist in jener Nacht auf dem abgelegenen Hof genau geschehen? Wer hat das Leben einer ganzen Familie ausgelöscht? Die Geschichte spukt noch immer in den Köpfen vieler Menschen herum. Kinofilme, Theaterstücke und der Bestseller „Tannöd“ – sie alle sind inspiriert durch die schaurige Bluttat auf dem Einödhof von Hinterkaifeck. 

Auch eine 15-köpfige Abschlussklasse der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck hat sich noch einmal mit dem Sechsfachmord beschäftigt. „Die Motivation bei diesem alten Fall war groß“, sagt die jetzige Kriminalkommissarin Michaela Forderberg-Zankl. „Am meisten hat uns interessiert, ob dieser Fall heute aufzuklären wäre.“  

Und tatsächlich: Die angehenden Kommissare ermitteln einen Tatverdächtigen. Doch seinen Namen halten sie unter Verschluss – aus Rücksicht auf die noch lebenden Angehörigen. Außerdem: Der letzte Beweis fehlt!

Selbsternannte Soko 
Seit Jahren beschäftigen sich zudem zahlreiche Hobbydetektive mit dem Fall. Im Internet (www.hinterkaifeck.net) hat sich eine Art Sonderkommission gebildet. So diskutieren Zahnärzte, Studenten, Juristen, Rentner und Ingenieure im Netz jedes Detail und jede Wendung des Falls. Tausende Interessierte surfen auf den vielen Internetseiten, die sich mit der Bluttat befassen.

Auch Dirk Tzschapke ist von dem Fall Hinterkaifeck fasziniert. Für ihn gibt es keinen Mord in Deutschland, der so viele Fragen aufwirft, so viele Geheimnisse birgt. Deshalb gehen er und viele andere von der selbsternannten „Soko Hinterkaifeck“ jeder Spur nach, analysieren alte Tatort-Fotos mit neuester Software und sammeln vor Ort neue Erkenntnisse. Tzschapke sieht darin auch eine Verpflichtung: „Unser Hauptanliegen ist es, den Opfern ein Gesicht zu geben.“ Und bei einem der Opfer sind die Internet-Detektive nach 87 Jahren zu einem sensationellen Ergebnis gekommen. 

Mögliche Hintergründe
Anhand der Ergebnisse rekapituliert die 45-minütige Dokumentation noch einmal die Geschehnisse der Tatnacht und analysiert die möglichen Hintergründe des Sechsfachmordes.

Der Film wurde von der Münchner Produktionsfirma Securitel („Aktenzeichen XY… ungelöst“) für die ZDF-Doku-Reihe „Der Fall“ produziert. Regisseur Kurt Hieber begleitet sowohl die Recherchen der Polizeischüler als auch die der Hobbyermittler. Ausgestrahlt wurde die Dokumentation erstmals am 18. November 2009 im ZDF.

Aufwändige Spielszenen
Dank aufwändiger Spielszenen gelang es, die damalige Zeit wieder lebendig zu machen. Sie wurden überwiegend auf einem Bauernhof bei Schrobenhausen gedreht. Regisseur Kurt Hieber mobilisierte dafür unter anderem 35 Laienschauspieler aus der Umgebung. „Das Engagement war großartig. Sie haben nie die Geduld verloren“, urteilt Hieber über seine Darsteller in einem Zeitungsinterview.

In den Wochen vor der Fernsehausstrahlung wurde die Dokumentation bereits in den Kinos der Region vorgeführt. Kurt Hieber, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigt, stand dem Publikum danach jeweils Rede und Antwort.

Fotos: Securitel / Stephan Boos

18.11.09 wel
aktualisiert: 07.11.2011  wel