Schüsse an der S-Bahn – Polizistin (26) lebensgefährlich verletzt

Großeinsatz an einem S-Bahnhof nahe München: Ein Mann entreißt einem Polizisten die Dienstwaffe und und schießt dessen Kollegin in den Kopf. Wie er es schaffen konnte, die Waffe zu lösen, ist unklar.

Großaufgebot an Polizei und Rettungskräften am S-Bahnhof in Unterföhring: Bei einer Schießerei am Bahnsteig wurden mehrere Menschen verletzt. Eine 26-jährige Polizistin schwebt in Lebensgefahr.

Unterföhring (dpa) – Mit einer Polizeiwaffe hat ein Mann im S-Bahnhof Unterföhring nahe München heute eine junge Beamtin in den Kopf geschossen und lebensgefährlich verletzt. Die Beamtin schoss ebenfalls, auch der Täter wurde verletzt. Er feuerte jedoch noch das Magazin der Waffe leer. Dabei erlitten zwei Passanten einen Arm- und einen Beinschuss. Der 37 Jahre alte Mann wurde nach kurzer Flucht festgenommen.

Gegen den Verdächtigen wurde Haftbefehl wegen versuchten Mordes beantragt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Florian Weinzierl. Der 37-jährige Deutsche sei bisher nur einmal wegen des Besitzes einer geringen Menge Cannabis aufgefallen. Das Verfahren war eingestellt worden.

Auslöser des Einsatzes: Schlägerei in S-Bahn 
Der Mann war zuvor an einer Schlägerei in der S-Bahn beteiligt. Fahrgäste in der gut besetzten S-Bahn auf der Flughafen-Linie Richtung München alarmierten die Polizei. Jemand wollte ein Messer gesehen haben, das allerdings hinterher nicht gefunden wurde.

Zunächst war es ein Routineeinsatz. Es gebe Hunderte solcher Fälle, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä. Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins sagte, Schlägereien seien nicht selten, lediglich der Werktag und die frühe Uhrzeit seien eher untypisch.

Täter erwischt Polizeipistole 
Am Bahnhof begann der Streifenbeamte, den Fall aufzunehmen – da griff ihn der 37-Jährige an und versuchte, ihn ins Gleisbett zu schubsen. Das konnte der Beamte verhindern. «Danach ist eine Rangelei am Boden entstanden», sagte der Polizeisprecher. Dabei gelangte der Täter an die Pistole des Polizisten. Die Dienstwaffe sei bei der bayerischen Polizei zweifach im Holster – einer speziellen Tasche – gesichert. Zudem gebe es eine Handballensicherung, sagte Andrä. Die Pistole sei aber stets geladen. Der Mann konnte offenbar sämtliche Sicherungsvorrichtungen überwinden. Ob er sich damit auskannte oder dies ein «Zufallstreffer» war, werde noch geklärt, sagte Andrä.

Nach dem Schusswechsel feuerte der Mann das Magazin leer, warf die Waffe weg und floh. Kräfte der Münchner Polizei und der Bundespolizei stellten ihn kurz darauf an einem Bürogebäude. Er hat keinen Wohnsitz in Deutschland, über einen möglichen Wohnsitz im Ausland ist nichts bekannt.

S-Bahnhof bis zum Nachmittag gesperrt 
Die Polizei hatte die Lage danach eigenen Angaben zufolge rasch unter Kontrolle. 200 Kräfte waren im Einsatz – unter anderem mit Spezialeinsatzkommando und Hubschrauber. Die Polizei sperrte den S-Bahnhof ab und informierte über Twitter die Öffentlichkeit.

Nach dem Vorfall waren zahlreiche Einsatzfahrzeuge in der Bahnhofstraße. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamte sicherten das Gelände. Mitarbeiter der Spurensicherung begannen sofort mit der Tatort-Arbeit.

Über den Bahnhof Unterföhring fährt die S-Bahn-Linie 8, eine der beiden Möglichkeiten mit der Bahn zum Münchner Flughafen zu kommen. Die Strecke war auch am Nachmittag noch gesperrt. Fluggäste auf dem Weg zum Airport oder in die Stadt mussten auf die S1 ausweichen, die in einem anderen Bogen im Nordwesten Innenstadt und Flughafen verbindet.

Foto: Peter Kneffel / dpa

13.06.2017  wel
aktualisiert: 16:30 Uhr  wel