Berufsbild Verfassungsschützer

Minister will spezielle Ausbildung für Nachrichtendienstler

Wiesbaden (dapd-hes). Der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU) setzt sich für eine verbesserte Ausbildung der Verfassungsschützer ein. Wir brauchen den Verfassungsschützer als Beruf“, betonte Rhein in Wiesbaden und plädierte für eine standardisierte Ausbildung. Er äußerte sich bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2011. Er betonte, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus und die Aufklärung der NSU-Mordserie bei den hessischen Sicherheitsbehörden „absolute Priorität“ haben. Große Sorgen bereite aber auch die wachsende Zahl islamistischer Salafisten in Hessen.

Bislang würden Verfassungsschützer aus der Polizei und der Verwaltung rekrutiert, und dann per „Learning by Doing“ fit gemacht, erläuterte Rhein. Die Arbeit der Verfassungsschützer unterliege aber hohen Anforderungen, deshalb brauche man eine einheitliche bundesweite Ausbildung für das „Berufsbild Verfassungsschützer“. Das könne an der Hochschule für Polizei geschehen oder aber mit einem Hochschulstudium.

Pflicht zum Informationsaustausch
Die hessischen Behörden leisteten „jeden denkbaren Beitrag“ zur Aufklärung, betonte der Minister weiter. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde im November 2011 waren die Nachrichtendienste heftig kritisiert worden, seitdem wird über eine Reform diskutiert. „Die Welt ist für uns, seitdem wir vom NSU wissen, natürlich anders“, räumte der hessische Innenminister ein. Hier hätten sich Dinge entwickelt, „die sich nicht hätten entwickeln dürfen“. Der Verfassungsschutz bleibe ein unverzichtbares Frühwarnsystem, müsse sich aber „weg vom geheimnisumwitterten Nachrichtendienst“ und hin zu einem Informations- und Berichtdienst entwickeln.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz solle künftig als eine Art Zentralstelle arbeiten, die koordiniere, sammele, bündele und analysiere, sagte Rhein weiter. Auch sei eine gesetzliche Pflicht zum Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern sowie ein einheitlichen Kodex für die Auswahl von V-Leuten und Quellen erforderlich. Das könne auch bedeuten, dass jemand, der eine Straftat begehe, nicht mehr V-Mann sein könne, fügte Rhein hinzu.

Neonazis vernetzen sich

In Hessen stuften die Verfassungsschützer im Jahr 2011 insgesamt 1.330 Personen als Rechtsextremisten ein, darunter rund 400 als gewaltbereit. Damit ging die Zahl gegenüber dem Vorjahr um etwa 120 zurück. Es sei aber ein Erstarken der neonazistischen Szene zu beobachten, es gebe Ansätze einer hessenweiten Vernetzung, warnte Rhein. Große Sorgen bereiten den Verfassungsschützern weiter die islamistischen Salafisten. Deren Zahl sei 2011 in Hessen um rund 100 auf insgesamt 800 gestiegen. Auch seien die Grenzen zu einer gewaltbereiten Verteidigung des Islams fließend. Hinweise auf Anschläge gebe es aber nicht.

Die SPD-Politikerin Nancy Faeser forderte Rhein auf, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Auch Jürgen Frömmrich von den Grünen begrüßte, dass die Aufklärung der NSU-Morde Priorität genießen soll, forderte aber zugleich eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes. Nach Auffassung des CDU-Politikers Holger Bellino zeigt der Verfassungsschutzbericht, dass der Kampf gegen Extremismus weiter geführt werden muss. FDP-Fraktionschef Wolfgang Greilich plädierte für eine konstruktive Fortentwicklung des Verfassungsschutzes. Dagegen vertrat Hermann Schaus von der Linken die Auffassung, jede Beratungsstelle gegen Rechts leiste eine bessere Aufklärungsarbeit als der Inlandsgeheimdienst.

03.09.2012 Ta