Der Spuk muss ein Ende haben

Ein beklemmender Ortstermin vor dem Horror-Haus von Zwickau

Zwickau (dapd). Der Ort hat längst die Aura des Bösen: Gespenstig ragt der Dachstuhl des ausgebrannten Hauses in der Frühlingsstraße in den sternenklaren und kalten Nachthimmel über Zwickau. Hemmungslose Brutalität und Tod sind die ersten Gedanken, die die Ruine und seine einstigen Bewohnern erwecken. Auch eine Woche nach der Explosion passieren im Minutentakt Autos im Schritttempo die Ruine, die Köpfe der Insassen neigen sich hinauf zu der schwarz verkohlten Hauswand, hinter der die mutmaßlichen Mörder von mindestens zehn Menschen bis zum vergangenen Freitag ihren Unterschlupf hatten.

Manche, wie etwa jenes junge Pärchen auf dem Weg zur Disko, halten an. «Krass! Einfach nur krass, dass so etwas bei uns möglich ist», sagt der junge Mann. «Wenn man so etwas im Fernsehen sieht, denkt man sich ja nicht wirklich was dabei. Das hier aber ist schon verdammt nah an einem selbst dran.»

Dabei sind die wahren Ausmaße der Hasstaten von Uwe M. und Uwe W. womöglich noch gar nicht bekannt. Viele gehen noch davon aus, dass das Trio eine Polizistin erschossen und unzählige Banken überfallen hat. «Man nimmt das alles gar nicht mehr richtig auf, was die alles gemacht haben. Und man will es auch gar nicht mehr wissen», sagt eine Frau, die zwei Häuser weiter lebt.

Bundesanwaltschaft ermittelt in zehn Mordfällen
Bundesanwaltschaft und Kriminalpolizei sind indes überzeugt, dass Zwickau Endpunkt einer bislang beispiellosen Mordserie mit rechtsextremen Hintergrund in Deutschland ist. Nach Einschätzung von Ermittlern gehen sowohl die Tötung einer Polizistin in Heilbronn im April 2007 als auch die sogenannten Döner-Morde, denen in den Jahren 2000 bis 2006 bundesweit acht Türken und ein Grieche zum Opfer gefallen waren, auf das Konto des Trios aus Weißenborn. Neben einer Maschinenpistole fanden die Ermittler in dem Haus in Zwickau unter anderem auch die Pistole, mit der die Männer erschossen worden waren.

In Weißenborn sind die Bewohner durch die Entwicklung der vergangenen sieben Tage rund um das Haus in der Frühlingsstraße längst überfordert. «Das Beste wäre, die reißen die Hütte jetzt so schnell wie möglich ab, damit der Spuk beendet wird und hier wieder Ruhe einkehrt», sagt ein Mann im Vorübergehen auf dem Weg zu seiner Nachtschicht.

Anmerkung der Redaktion: Auch am Samstagvormittag gibt es aus Thüringen zum Fall immer neue Meldungen. Die Befürchtung, dass noch weitere Unfassbarkeiten ans Licht kommen, erhärtet sich. Am morgigen Sonntag lesen Sie auf e110 ein Spezial zum Thema.

12.11.2011 dv