(„XY gelöst“ vom 9. Februar 2022)
In einem belgischen Fluss entdecken Spaziergänger eine Leiche. Lange Zeit kann die Polizei den Toten nicht identifizieren – trotz einer auffälligen Tätowierung. Doch dann wird der Fall in XY gezeigt. Endlich geht der erhoffte Hinweis bei der Kripo ein. Er führt die Ermittler schließlich zu der Person, die für den Tod des Mannes verantwortlich ist: eine Frau.
Am 19. Juni 2008 macht ein Hundebesitzer in Belgien einen grauenvollen Fund: Im Fluss Maas treibt ein blauer Müllsack, der mit Klebeband mehrfach umwickelt ist. Den Umrissen nach könnte es eine menschliche Leiche sein. Der Zeuge ruft die Polizei. Und tatsächlich: In dem Müllsack befindet sich der Torso eines unbekannten Mannes, Arme und Beine fehlen.
Spur führt nach Deutschland
Bei der rechtsmedizinischen Untersuchung des Toten wird festgestellt: Dem Unbekannten wurde mit einem stumpfen Gegenstand massiv auf den Kopf geschlagen. Todesursache aber: mehrere Stichwunden. Das Opfer – so der Gerichtsmediziner in seinem Bericht – sei wahrscheinlich fünf bis maximal zehn Tage vor dessen Auffinden getötet worden. Auffällig: Auf einer Schulter hat der Tote ein Tattoo – zwei ineinander verschlungene Herzen mit Pfeil und dem Schriftzug „Peter und Sabine“.
Schließlich wird klar: Der Tote hat einen Bezug ins benachbarte Deutschland. Nicht nur die tätowierten Vornamen sind typisch deutsch. Der Müllsack, in dem die Leiche steckte, stammt ebenfalls aus Deutschland. Er wurde in Schleswig-Holstein produziert. Auch eine Isotopen-Analyse der Zähne bestätigt: Der Unbekannte hat zumindest längere Zeit in Deutschland gelebt. Deshalb nehmen die belgischen Behörden Kontakt zu den Ermittlern im Nachbarland auf.
Unerwartete Probleme
Die Polizei ist optimistisch, den Toten schnell identifizieren zu können. Doch es treten unerwartete Schwierigkeiten auf: Kein Vermisster, auf den die Beschreibung des Toten zutreffen könnte, ist in den internationalen Datenbanken der Polizei zu finden. Deshalb entscheiden sich die Ermittlungsbehörden dazu, die Gesichtsrekonstruktion des Toten zusammen mit Abbildungen der markanten Tätowierung am Oberarm zu veröffentlichen – auch in „Aktenzeichen XY… ungelöst“. Doch der entscheidende Hinweis bleibt aus. Der Fall wird zum Cold Case.
So nimmt sich die Polizei 2013 den Fall erneut vor. Das Verbrechen wird einmal mehr in der Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ gezeigt. Es ist die letzte Hoffnung der Polizei, den Mann endlich identifizieren zu können. Sie hat Glück: Kurz nach der Sendung geht der entscheidende Hinweis ein. Ein Zuschauer erkennt das Tattoo des Mannes. Er ist ein ehemaliger Freund des Toten. Er gibt an, die Tätowierung sei in einem Thailand-Urlaub gestochen worden. „Sabine“ – so seine Aussage – sei der Name der damaligen Freundin des Verstorbenen.
Spur führt zur Ehefrau
Die Ermittlungen nehmen nun Fahrt auf. Die Polizisten finden heraus: Der Tote war 46 Jahre alt, verheiratet, zuletzt im Rhein-Erft-Kreis gemeldet und arbeitete als Straßenreiniger. Seine damalige Ehefrau hat ihn nie als vermisst gemeldet. Deshalb gerät sie nun in den Fokus der Ermittlungen.
Bei einer Befragung streitet die Verdächtige erst ab, etwas mit dem Tod ihres früheren Partners zu tun zu haben. Doch dann gibt sie plötzlich an, von dem Ermordeten immer wieder körperlich misshandelt worden zu sein. Am Tatabend habe es wieder Streit gegeben. Da habe sie ihren Partner in Notwehr mit einem Messer verletzt. Daran sei er gestorben.
Zeugenaussage wendet das Blatt
Durch die Aussage der Frau gelangt die Polizei auch an den Namen eines Fotografen, der ihr später beim Reinigen und Renovieren der Wohnung geholfen haben soll. Doch bei der Vernehmung dieses Mannes stellt sich der Fall plötzlich ganz anders dar: Die Verdächtige habe mit ihm ein Verhältnis gehabt. Am 13. Juni 2008 habe sie ihrem damaligen Ehemann heimlich ein Medikament gegeben, um ihn zu töten. Doch der Plan schlug fehl. Deshalb habe sie das Opfer mit einem Messer und einem Baseballschläger ermordet. Ihr Liebhaber – der Fotograf – habe ihr anschließend bei der Beseitigung der Leiche geholfen.
Es folgt der Gerichtsprozess. Die Angeklagte wird wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Auch ihr ehemaliger Lebensgefährte wird verurteilt und muss wegen Beihilfe zum Mord für viereinhalb Jahre ins Gefängnis.
Kriminalpsychologin Lydia Benecke:
Die meisten Tötungsdelikte werden von Männern begangen. Bei Tötungsdelikten, die im Kontext mit Partnerschaften verübt werden, haben männliche Täter oftmals andere Motive als weibliche: Während Männer in den meisten Fällen die Partnerin töten, um sie zu dominieren oder eine Trennung zu verhindern, sehen viele Frauen die Tötung des Partners als Ausweg aus einer – häufig von Gewalt geprägten – Beziehung. Bei der Wahl der Tötungswerkzeuge gibt es dagegen überraschend geringe Unterschiede. So ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Frauen bevorzugt mit Gift töten. In Wirklichkeit wird Gift von Frauen und Männern vergleichsweise selten zur Tötung genutzt.