Wiesbaden (dapd). Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hat die neonazistische Mordserie als Zäsur bezeichnet und dem gewalttätigen Rechtsextremismus den Kampf angesagt. Die Verbrechen der Terrorzelle NSU müssten umfassend aufgeklärt werden, sagte Ziercke bei der Herbsttagung des BKA in Wiesbaden. fügte er hinzu.
Die traditionelle Herbsttagung des BKA hatte sich eigentlich dem Jubiläum zum 60-jährigen Bestehen der Fahndungsbehörde widmen sollen. Mit der Entdeckung der rechten Mordserie änderte sich aber der Schwerpunkt der Tagung mit dem Motto «Im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit», die nun extremistische Tendenzen in den Mittelpunkt stellt. «Wir müssen von einer Zäsur sprechen», sagte Ziercke. «Die Opfer warnen uns, dass es für rechtsextremes, antisemitisches und fremdenfeindliches Handeln keinen Platz geben darf», betonte er.
Gefragt sei nun Aufklärung, auch von möglichen Fehlern der Sicherheitsbehörden. Ziercke stellte die Fragen: «Welche Defizite gab es in der Einschätzung und Bewertung?», und «Führten strukturelle Mängel dazu oder das Versagen Einzelner?».
Spuren ins Ausland werden geprüft
Zur Aufklärung sollten rund 2.500 Asservate beitragen, davon allein 1.700 aus dem Haus in Zwickau, wie der BKA-Präsident weiter sagte. Die Beweisstücke seien teilweise durch Feuer und Wasser schwer beschädigt, manche aber auch unversehrt. «Die kriminalistischen Untersuchungen laufen», die Beweisestücke würden «zügig gesichtet und bewertet,» betonte Ziercke.
Die in der vergangenen Woche gestartete öffentliche Fahndung habe bereits rund 200 Hinweise erbracht, die jetzt intensiv überprüft würden. Auch gebe es «noch zu prüfende Spuren ins Ausland», die sehr genau darauf untersucht würden.
Müssen uns der Diskussion stellen“
«Wir müssen die Aufarbeitung aktiv vorantreiben, uns der öffentlichen Diskussion stellen, und Parlamente angemessen informieren», sagte Ziercke. Nur so könne das in die Sicherheitsbehörden erschütterte Vertrauen zurückgewonnen werden. Der BKA-Präsident forderte eine «polizeiliche Bekämpfungsstruktur,» die sich mit rechten Gewaltdelikten intensiv befasse.
Auch brauche es eine erheblich intensivere Internetrecherche in der rechten Szene, die etwa auch geschlossene Foren wie Chatrooms einbeziehe. Das solle helfen, Tendenzen zu rechtsextremer Gewalt früher aufzudecken und zu unterbinden.
Weiter nannte Ziercke die geplante Zentraldatei, die Informationen zu rechtsextremen Personen, Vereinigungen und Strukturen sammeln solle. Auch müssten die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern verbessert und ein vollständiger Informationsaustausch neu organisiert werden. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus könne aber «nur von Staat und Gesellschaft gemeinsam» geschafft werden, betonte Ziercke.
07.12.2011 dv
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