Geheimnisvolle Millionen

Ist die Benediktinerabtei Neresheim in einen Geldwäschefall verwickelt?

Neresheim/Krefeld (dpa). Geldwäsche im Kloster, ein toter Abt, geheime Konten, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – das klingt nach Stoff für einen Krimi. Erst tauchen bei den Benediktinern im baden-württembergischen Neresheim nahe der Grenze zu Bayern in einem alten Sekretär urplötzlich vier Millionen Euro auf, deren Herkunft keiner kennt. Der Einzige, der das Rätsel lösen kann, ist tot. Dann erheben die Benediktiner gar keinen Anspruch auf das Geld, wohl aber ein Anwalt aus Krefeld. Was die Geschichte noch skurriler macht: Die Staatsanwaltschaft dort ermittelt wegen Verdachts der Geldwäsche.

April 2013: Nach mehr als 33 Jahren an der Spitze des Klosters Neresheim stirbt Abt Norbert (Stoffels). Wie bei den Benediktinern üblich, folgt ein Monat Pietät mit allen Ritualen. Erst danach gehen die Brüder in seine Privaträume, kümmern sich um den Nachlass. In einem alten Sekretär stoßen sie auf Unterlagen von zwei auf den Namen des Klosters laufenden Konten – und fallen aus allen Wolken. Drei Millionen Euro liegen auf einem Konto in Aalen, eine Million auf einem in Krefeld, wie Markus Wieser, der Sprecher des Klosters, berichtet. Abt Norbert beschreibt er als «sehr beeindruckende Persönlichkeit», der niemand im Konvent so etwas zugetraut hätte.

Ein Schock für die bescheidenen Benediktiner
So viel Geld auf einem Haufen habe die als besonders bescheiden geltenden Brüder getroffen «wie ein Schock», sagt Wieser weiter, der als externer Berater die Pressearbeit für die Benediktiner in dieser Angelegenheit erledigt. «Mit solchen Summen hantieren wir im Kloster gewöhnlich nicht», zitiert der «Spiegel» den neuen Klosterchef, Pater Albert (Knebel), den Nachfolger von Abt Norbert. Das Geld sei weder in der Buchführung des Klosters berücksichtigt, «noch war es der Klosterverwaltung, meinen Mitbrüdern oder mir bekannt.»

Wesentliche Spuren des Krimis um die vier Millionen aus dem Abtsekretär führen derweil nach Nordrhein-Westfalen: In Krefeld behauptet ein Anwalt, Teile des Geldes gehörten ihm. Das Kloster liefert sich einen bizarren Rechtsstreit mit dem Mann, der standfest behauptet, die Millionen seien Bestandteil eines raffinierten Steuersparmodells. Haben Anwalt und Abt gemeinsame Sache gemacht, um dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen? Der Anwalt aus Krefeld behauptet gar, sein «Steuervermeidungsmodell» mit dem Namen «Weinberg» habe Geldgeber aus dem gesamten Bundesgebiet.

Das Landeskriminalamt beschäftigt sich auch schon mit dem Fall
«Extrem bodenständig» seien die Benediktiner, so Wieser. Und wenn es sich bei den Millionen tatsächlich um belastetes Schwarzgeld handeln sollte, würden sie es wohl auch gar nicht haben wollen. Neresheim habe «keine Gier nach Vermögen», so Wieser. Man nehme es nur, wenn absolute Klarheit über die Besitzverhältnisse bestehe. Obwohl die Brüder es natürlich bestens gebrauchen könnten, um das riesige Kloster – eine Touristenattraktion auf der Ostalb – in Schuss zu halten. 

Drei Gerichte hätten die Forderung des Anwalts auf Herausgabe des Geldes inzwischen abgewiesen, berichtet Wieser. Er habe keinen Titel, also keinen Anspruch auf das Geld. Auch das vorgegebene «Steuersparmodell» sei inzwischen von Richtern als «nicht schlüssig» bezeichnet worden. Der Anwalt will aber weiter kämpfen, heißt es. Die Staatsanwaltschaft Krefeld bestätigt bisher nur die Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den Anwalt. Zum näheren Inhalt gibt es keine Auskunft. Nur so viel: Die Akten lägen inzwischen beim Landeskriminalamt Düsseldorf.

Foto: PlemPlem1/wikipedia.de

04.11.2014 Ta