Im Fokus von Attentätern

Verfassungsschützer haben ein waches Auge auf den islamistischen Terror

Wiesbaden (dapd). Die islamistische Bedrohung bleibt die wichtigste Herausforderung für den Verfassungsschutz in Hessen. «Der gewaltbereite Islamismus ist nach wie vor der wichtigste Schwerpunkt», sagte Innenminister Boris Rhein (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2010 in Wiesbaden. Konkrete Hinweise auf Anschläge gebe es zwar derzeit nicht, Deutschland sei aber «mehr und mehr» ein Handlungsfeld für und ein Ziel von islamistischen Terroristen. «Wir sind durchaus im Fokus islamistischer Attentäter», betonte der Minister.

Rhein forderte deshalb auch mit Blick auf die Beratungen der Innenminister am vergangenen Freitag in Berlin eine gründliche Überprüfung, welche Maßnahmen aus den Anti-Terror-Gesetzen noch gebraucht würden. Größtes Problem seien inzwischen die unorganisierten Einzeltäter wie der Attentäter vom Frankfurter Flughafen Anfang März, sagte Rhein weiter. Rekrutiert würden sie meist im Internet, das ein besonders geeignetes Propagandamedium für Terroristen sei. Zur besonderen Herausforderung entwickle sich zudem der Salafismus mit seinem Ziel eines islamischen Gottesstaates, fuhr Rhein fort. Die Aktionen des Salafisten-Predigers Pierre Vogel halte er «tatsächlich für eine Gefahr».

Besorgnis bereiteten zudem Islamseminare, die zunehmend der Indoktrinierung und der Werbung neuer Anhänger dienten. «Diese Seminare stellen eine ganz wichtige Station zur Radikalisierung von Islamisten dar», betonte Rhein. In den vergangenen zwei Jahren seien 13 potenzielle Dschihadisten an der Ausreise auf dem Weg zu einem Terrorcamp gehindert worden.

Auch die extrem rechte und nationalistische Organisation «Graue Wölfe» aus der Türkei nehmen die Ermittler zunehmend in den Fokus: Durch deren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Ideologie werde alles, was in der Integration geleistet wird, konterkariert, sagte Rhein.

Politische Straftaten meist von rechts
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Hessen sank im vergangenen Jahr allerdings deutlich. Wurden 2009 in Hessen 1589 solcher Straftaten registriert, waren es 2010 noch 1082. Die Zahl der extremistisch motivierten politischen Straftaten sank von 943 im Jahr 2009 auf 737 im vergangenen Jahr. Den größten Anteil daran trugen Rechtsextremisten: Auf ihr Konto gingen allein 600 Taten, davon 20 Gewaltdelikte wie Körperverletzungen, 34 Sachbeschädigungen und 543 Propagandadelikte.

«Da gibt es nichts zu verharmlosen, die Rechten sind Feinde der Demokratie», sagte Rhein. Trotz der sinkenden Zahlen gebe es «für eine Entwarnung keinerlei Anlass». Die größte Gefahr gehe von regionalen oder lokalen Neonazigruppen aus, die zunehmend unstrukturiert arbeiteten und sehr spontan agierten. Gerade 2010 habe es eine Vielzahl von Einzelaktionen, meist gewalttätige Übergriffe, gegeben. Schwerpunkte seien dabei der Schwalm-Eder-Kreis sowie der Raum Wetzlar und Umgebung. In den ersten Monaten dieses Jahres sei besonders ein Aufschaukeln im Rhein-Main-Gebiet zwischen Rechtsextremisten und Linksextremisten zu beobachten, sagte Rhein weiter. Besonders gegenseitige «Outing-Aktionen» machten den Sicherheitsbehörden zunehmend zu schaffen.

02.06.2011 dv