Keine Nachsicht für Vater und Sohn

Wegen Doppelmords müssen sie lebenslang ins Gefängnis

Limburg (dapd). Der 26-jährige Alexander V. öffnet kaum die Augen, sein 62 Jahre alter Vater fixiert die Richterbank: Für die beiden Angeklagten aus dem hessischen Bischoffen scheint das Urteil des Limburger Landgerichts am Freitagnachmittag keine Überraschung mehr zu sein. Wegen gemeinschaftlichen Doppelmords verhängte es gegen die beiden eine lebenslange Haftstrafe. 19 Monate brauchte das Gericht, um zu der Überzeugung zu kommen, dass Vater und Sohn im Februar 2009 zwei Drogendealer erschossen haben. Die Leichen beseitigten die Täter demnach restlos – Überreste der Opfer sind bis heute nicht gefunden worden.

Die Morde erfolgten im Drogenmilieu. Die Opfer, zwei Halbbrüder im Alter von 26 und 32 Jahren, hatten vor ihrem Tod über 100 Kilo Cannabis von den beiden Bischoffenern bezogen. Vater und Sohn hatten in einem Forsthaus eine professionell ausgestattete Indoorplantage für Marihuana installiert. Ihre Mitwisserschaft sollen die Brüder genutzt haben, um von ihren späteren Mördern 50.000 Euro und eine Gewinnbeteiligung zu erpressen. Harald und Alexander V., davon ist das Gericht überzeugt, erschossen daraufhin im Forsthaus die beiden Drogenkäufer, verbrannten die Leichen und beseitigten die Überreste.

Erstes Plädoyer im Januar
Vater Harald V. gab vor Gericht an, im Streit auf die Männer geschossen zu haben, machte bei anderen Aussagen aber auch Notwehr geltend. Sein Sohn schwieg im Verfahren ein halbes Jahr lang und räumte dann ein, bei der Leichenbeseitigung geholfen zu haben. Aufgrund immer neuer Einlassungen der Angeklagten schien die Beweisaufnahme nicht enden zu wollen. Nach einem Jahr – im Januar 2011 – plädierte dann erstmals die Staatsanwaltschaft, danach prüfte das Gericht erneut Verteidigeranträge.

Zwischendurch wechselte Vater Harald V. im Main auch mal von der Anklagebank direkt auf die internistische Station eines Krankenhauses – zum Magen-Auspumpen. Er hatte seinem Sohn im Gerichtssaal ein verpacktes Butterbrot zugeworfen. Als ein Gerichtsdiener darin eine Notiz entdeckte, schob der 62-Jährige den Zettel blitzschnell in den Mund und eine Banane hinterher. Seine sofort veranlasste Fahrt in die Klinik brachte der Justiz nicht den gewünschten Erfolg: Der Mann hatte die Notiz in der Backe verwahrt und in der Gerichtszelle hinter die Heizung geklemmt – bevor die Sanitäter kamen.

Halbzerkauter Hinweis: «Geld von Opa»
Das Fraunhofer-Institut in Berlin, das sonst zerrissene Stasi-Akten zusammensetzt, entnahm den inzwischen sichergestellten, zerkauten Schnipseln stichwortartige Strategieanweisungen vom Vater an den Sohn. Dabei ging es um eine größere Geldsumme, die Ermittler in dem Forsthaus gefunden hatten. «Geld geliehen von Opa», hieß es auf den rekonstruierten Zetteln, und: «Hauptziel: Rettung der 108.000 Euro».

Die Mär mit dem vom Opa geborgten Geld glaubte das Gericht nicht. Es wertete die Summe eher als Beleg dafür, dass der Cannabisanbau der Beiden florierte. Genau dieses Geschäft hätten sie sich nicht verderben lassen wollen. Um Blutspuren zu vermeiden, sollen Vater und Sohn ihre zwei Opfer auf einer Folie erschossen haben.

Zum Verhängnis wurden den beiden die Autos der Opfer. Ein Gebrauchtwagenhändler aus Gummersbach holte diese ab, um sie laut Absprache an seinen dortigen Geschäftssitz zu überführen. Doch der Mann verkaufte die Fahrzeuge bereits in Limburg an einen Kollegen. Ein halbes Jahr nach der Tat bekam die Kripo von dem Limburger Händler dann den Hinweis auf die zur Fahndung ausgeschriebenen zwei Autos.

Schwere der Schuld nicht festgestellt
Das Gericht befand nun in beiden Fällen auf Mord, ohne einzelne Tötungshandlungen Vater oder Sohn zuzuordnen. Die Verteidiger des 26-jährigen Alexander V. wollten für ihren Mandanten einen Freispruch vom Mordvorwurf. Für seinen Vater forderten die Anwälte eine begrenzte Haftstrafe wegen Totschlags. Die Staatsanwaltschaft hatte für beide auch beantragt, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Das Gericht kam dieser Forderung nicht nach. Sie hätte zur Folge gehabt, dass die beiden Verurteilten nicht bereits nach 15 Jahren aus der Haft entlassen werden dürfen.

13.08.2011 dv