Berlin/Dresden (dapd). Im Dresdner Prozess gegen eine 45 Jahre alte Vietnamesin ist derzeit kein schnelles Ende abzusehen. Die mutmaßliche Haupttäterin ließ ihren Anwalt mitteilen, sie werde derzeit keine weitere Erklärung abgeben. Hingegen will sich eine 53 Jahre alte Mitangeklagte am nächsten Verhandlungstermin weiter äußern. Die ehemalige Mitarbeiterin der Dresdner Ausländerbehörde hatte zuvor bereits ein Teilgeständnis abgelegt. Angeklagt ist außerdem ein 65 Jahre alter Mann, der ebenfalls bei der Ausländerbehörde tätig war.
Formulare gefälscht
Die Staatsanwaltschaft wirft der 45-Jährigen vor, heiratswillige Deutsche angeworben zu haben, um diese im Ausland mit vietnamesischen Staatsangehörigen zu verheiraten oder eine Scheinvaterschaft anzuerkennen. Von den illegalen Einwanderern soll sie dafür mehrere tausend Euro erhalten haben. In einigen Fällen seien Vietnamesinnen unter dem Vorwand in Deutschland eingereist, als Au-Pair zu arbeiten oder ein Studium beginnen zu wollen. Insgesamt sollen auf diese Weise über mehrere Jahre hinweg weit mehr als 100 Vietnamesen eingeschleust worden sein.
Die beiden Mitangeklagten sollen gegen Schenkungen und – im Fall des Mannes auch gegen Sex – Dienstvorschriften missachtet und Formulare gefälscht haben.
Die angeklagte Vietnamesin hatte zu Prozessbeginn vor einem Monat die Vorwürfe teilweise eingeräumt, ein bandenmäßiges Vorgehen aber bestritten. Im Fall einer umfassenden Aussage könnte der Prozess womöglich deutlich schneller als bislang geplant zu Ende gehen. Nach derzeitigen Plänen wird sich das Verfahren bis Anfang Mai hinziehen.
Mehr als 220.000 Euro verdient
Der Prozess vor dem Landgericht Gera läuft seit rund sechs Monaten. Die neun Angeklagten sollen den vorwiegend aus Osteuropa stammenden Ausländern von April 2006 bis Juni 2009 über Scheingesellschaften Aufenthaltsgenehmigungen verschafft haben. Bei dem Hauptangeklagten handelt es sich um einen Rechtsanwalt. Insgesamt soll er mit der Masche 222.000 Euro verdient haben. Die übrigen Angeklagten, zu denen auch zwei Mitarbeiter der Ausländerbehörde gehören, bekamen etwa 51.000 Euro. Das Urteil in dem Prozess wird nicht vor Juli erwartet.
Unterdessen stoppten Fahnder der Polizei auf der Autobahn 8 bei Raubling im Kreis Rosenheim ein Fahrzeug mit zehn Personen. Bei einer Kontrolle konnten sich nur die beiden Fahrer ausweisen. Ihre acht Begleiter, darunter vier Kinder im Alter von einem bis zwölf Jahren, hatten dagegen keine Papiere dabei. Ersten Erkenntnissen zufolge handelt es sich bei ihnen um zwei afghanische Familien und eine mitreisende, ebenfalls aus Afghanistan stammende Frau. Wegen des Verdachts der illegalen Einreise wurden die acht Personen angezeigt. Die beiden aus Italien stammenden Fahrer müssen sich wegen Einschleusens von Ausländern verantworten.
Gute Geschäfte
Das Schleusen ist nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) für die Banden ein lukratives Geschäft. Es käme durchaus vor, dass bis zu 20.000 Euro gezahlt würden, um in den Westen geschleust zu werden, bestätigte BKA-Sprecher Gerhard Salmen. Die Schleuserbanden seien professionell organisiert. Einige Mitglieder erstellten falsche Pässe, andere seien als Werber vor Ort. Da viele derjenigen, die illegal in den Westen wollten, gar nicht genügend Geld hätten, bestehe bei einigen Schleuserbanden die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen und dann abzubezahlen.
10.01.2011 dv