Potsdam (dpa). Ermittler prüfen Misshandlungsvorwürfe gegen Kinder- und Jugendheime in Brandenburg. Gestern durchsuchten sie Einrichtungen der Haasenburg GmbH. Am Abend wurde zudem bekannt, dass drei Jugendliche aus einem der umstrittenen Heime weggelaufen sein sollen. Nach einem Zeitungsbericht erheben sie Vorwürfe gegen die Einrichtung. Die Politik erwägt die Abschaffung geschlossener Heime. Hintergrund sind Anschuldigungen, nach denen Bewohner zum Beispiel tagelang auf Liegen fixiert worden sein sollen. Es soll auch zu Knochenbrüchen gekommen sein. In den umstrittenen Einrichtungen sind Kinder und Jugendliche aus 14 Bundesländern untergebracht.
Heute erwartet die Haasenburg GmbH einen Besuch der Experten. «Wir begrüßen alles, was der Sachaufklärung dient», sagte ein Unternehmenssprecher. Der Betreiber bestreitet die Anschuldigungen.
Neue Vorwürfe durch Ausreißer
Vorwürfe erheben nach einem Bericht der heutigen «Hamburger Morgenpost» auch drei Jugendliche, die aus einem Heim in Neuendorf in Unterspreewald weggelaufen sind. Ein 15-Jähriger und zwei 16-Jährige geben demnach an, dort Gewalt, Isolation und Erniedrigung durch die Erzieher ausgesetzt gewesen zu sein.
Der Haasenburg-Sprecher wollte den Vorfall mit Verweis auf das jugendliche Alter der Betroffenen und deren Persönlichkeitsrechte nicht kommentieren. Der Polizei in Brandenburg liegt jedoch eine Vermisstenanzeige vor, wie ein Sprecher in Frankfurt (Oder) der dpa sagte. Demnach sind die Jugendlichen zur Fahndung ausgeschrieben. Sie werden seit der Nacht zum Mittwoch vermisst.
Rund 50 Polizeibeamte und vier Staatsanwälte durchsuchten drei Heime der Haasenburg GmbH in Jessern, Neuendorf in Unterspreewald (Kreis Dahme-Spreewald) und in Müncheberg (Kreis Märkisch-Oderland) sowie ein Bürogebäude in Lübben. Sie stellten viele Akten sicher, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Cottbus mit.
Auch Todesfälle werden untersucht
Anlass war die Strafanzeige eines 19-Jährigen, der in dem Heim in Jessern gewesen ist. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren aufgrund eines RBB-Fernsehberichts eingeleitet, in dem eine 19-Jährige von Misshandlungen berichtet hat.
Die Behörde ermittelt laut Justizstaatssekretär Ronald Pienkny in acht Fällen. Dazu zählen zwei frühere Todesfälle in den Jahren 2005 und 2008, die nochmals untersucht werden. In sechs weiteren Fällen geht die Staatsanwaltschaft Vorwürfen nach, die bis in das Jahr 2006 zurückreichen. Grundlage sind Anzeigen oder Medienberichte. Es geht um Körperverletzung, Misshandlung Schutzbefohlener und Nötigung.
Die Vorwürfe richten sich bislang gegen noch nicht näher identifizierte Mitarbeiter der Einrichtungen, erklärte eine Behördensprecherin mit. Die Geschäftsführer der Haasenburg GmbH würden der Beihilfe zum Mord und Folterungen bezichtigt.
Von 114 Plätzen in den drei Heimen sind 56 für eine geschlossene Unterbringung vorgesehen. Derzeit sind laut Ministerium 75 Plätze belegt. Nachdem die Heime negativ aufgefallen waren, hatte dasLandesjugendamt dem Betreiber zahlreiche Auflagen gemacht.
05.07.2013 Ta