Kiel (dapd-nrd). Knapp acht Monate nach einer tödlichen Karambolage zweier Autos in Schleswig-Holstein muss sich ein 41-Jähriger seit Mittwoch vor dem Kieler Landgericht verantworten. Die Anklage gegen den ehemaligen Türsteher lautet auf heimtückischen Mord an einem 19-Jährigen und zweifachen versuchten Mordes. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der Mann am 9. Dezember 2011 mit seinem Pkw absichtlich das Auto seiner damaligen Lebenspartnerin bei Brokenlande nahe Neumünster gerammt. Bei dem Unfall kam der 19-Jährige, der auf der Rückbank des Wagens der Frau saß, ums Leben. An die Fahrt selbst will sich der Angeklagte nicht mehr erinnern.
Zu Prozessbeginn entschuldigte sich der Mann bei der Familie des Opfers. An die Fahrt selbst habe er keine Erinnerungen. Er habe zuvor Psychopharmaka sowie große Mengen Beruhigungspillen genommen und anschließend viel Alkohol getrunken. Dann gab es einen Knall und das war’s“, sagte der gelernte Altenpflegehelfer. „Ich habe mich volllaufen lassen an dem Tag.“ Laut Atemalkoholkontrolle hatte er 1,61 Promille.
Alles eine Folge des Streits?
Kurz vor der Kollision hatte das Paar in einer Bad Bramstedter Kneipe Streit. Die 41-Jährige wollte den Mann gemeinsam mit ihrem Sohn und dem 19-Jährigen abholen. Weil dieser sich weigerte, machte sich das Trio allein mit dem Auto auf den Heimweg. Der Mann soll so aufgebracht gewesen sein, dass er ebenfalls in seinen Pkw stieg und der Frau hinterherfuhr. Dabei soll er seinen Wagen beschleunigt und auf ihr Auto aufgefahren sein, woraufhin der Pkw der Frau gegen einen Baum prallte. Der 19-Jährige starb, die Frau und ihr Sohn wurden verletzt. Zunächst hatte es nach einem tragischen Unfall ausgesehen.
Der Angeklagte ist seit Jahren verheiratet, hatte sich wenige Wochen vor dem Unfall aber von seiner Frau vorübergehend getrennt und war eine Beziehung mit der 41-Jährigen eingegangen. Auch seine damalige Partnerin habe erst nicht an einen absichtlich herbeigeführten Unfall geglaubt, sagte der Angeklagte. Dies habe sich später geändert. „Es hat eine Wende gegeben im Ermittlungsverfahren“, sagte der Verteidiger des Mannes.
Die 41-Jährige sagte aus, der später ums Leben gekommene 19-Jährige habe den Wagen des Mannes nach Hause fahren sollen. Ihr damaliger Freund habe jedoch nicht mitkommen wollen und stattdessen mit einer anderen Frau geflirtet, woraufhin sie mit ihm Schluss gemacht habe. Anschließend sei der 41-Jährige aggressiv geworden.
Psychologische Betreuung für Mutter und Sohn
An das Unfallgeschehen selbst hat auch die arbeitslose Frau keine Erinnerung. Sie wisse nur, dass der Angeklagte sie während der Fahrt angerufen habe. Er sei im Auto unterwegs, wisse aber nicht, wo genau. „Er hat uns gegenüber immer gesagt, es sei keine Absicht.“ Sie leide noch heute unter den Folgen des Unfalls. „Die Arbeit ist weg, die Wohnung ist weg, das soziale Umfeld hat sich verkleinert.“
Der mit im Auto sitzende Sohn der Frau berichtete vor Gericht, wie er nach dem Unfall auf den Angeklagten losstürmen und ihn schlagen wollte. Ein Ersthelfer am Unfallort habe ihn jedoch davon abgehalten, sagte der 20-Jährige. „Ich hätte ihn kurz und klein geschlagen.“ Er ist wie seine Mutter in psychologischer Behandlung.
Vorhaltungen gegenüber Ex-Freundin
Der Angeklagte machte ihr im Gerichtssaal Vorwürfe. Ob sie sich nicht mehr daran erinnere, wie sie ihm auf ihrem Laptop Bilder von Leuten gezeigt hätte, die ihn fertig machen würden, falls er sie verlasse?, fragte er. Mittlerweile sei er zu seiner Ehefrau zurückgekehrt. Der Prozess wird am heutigen Donnerstag fortgesetzt. Ein Urteil könnte Mitte August fallen.
09.08.2012 Ta
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