Reemtsma-Entführer als Erpresser

Briefe belasten Drach schwer - 15 Monate Haft

Hamburg (dapd). Der 2001 verurteilte Reemtsma-Entführer Thomas Drach muss weitere 15 Monate in Haft bleiben. Wegen versuchter Anstiftung zur räuberischen Erpressung verhängte das Hamburger Landgericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Haft werde nicht zur Bewährung ausgesetzt, sagte die Vorsitzende Richterin Ulrike Taeubner in ihrer Urteilsbegründung.

Die Richterin sprach vom Kampf zwischen zwei Schwerstkriminellen um eine Beute, die keinem von beiden zustehe. Für Thomas Drach sei es wichtig gewesen sicherzustellen, dass sein Bruder – von ihm als «die Ratte, der Parasit» bezeichnet – keinen Cent aus der Beute ausgeben könne. Deshalb habe er versucht, einen Freund anzustiften, von Lutz Drach eine bestimmte Summe zu erpressen. Das hätten die Thomas Drach zur Last gelegten Briefe eindeutig bewiesen, sagte die Richterin.

Bei den Formulierungen in den Briefen handle es sich weder um ein spontanes Dampf-Ablassen noch um impulsive Äußerungen. Erschwerend hat sich laut Taeubner ausgewirkt, dass Thomas Drach seit 1978 vielfach Straftaten beging: «Von Ihnen sind auch in Zukunft kriminelle Taten zu erwarten.» Die Kammer blieb mit ihrem Spruch dennoch deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von zwei Jahren und sechs Monaten. Taeubner begründete dies unter anderem damit, dass die Tat in einem sehr frühen Stadium gescheitert sei.

Verteidiger: Briefe waren nie ernst gemeint
Drachs Verteidiger Helfried Roubicek hatte zuvor in seinem Plädoyer Freispruch für seinen Mandanten gefordert. Es habe keine Absicht zur versuchten räuberischen Erpressung gegeben. Die Drach zur Last gelegten Briefe seien ein Ausdruck von «Dampf ablassen». Das neuerliche Hauptverfahren gegen seinen Mandanten sei ein «Phantom-Prozess», es habe weder eine Tat noch einen Täter noch ein Opfer gegeben. Drachs Briefe seien nie ernst gemeint gewesen.

In seinem letzten Wort sagte Drach vor dem Gericht, dass «die ganze Sache an den Haaren herbeigezogen» sei. Wenn er seinen Bruder hätte berauben wollen, hätte er bestimmt nicht seine «arme Mutter» und einen Elektriker geschickt, «sondern ganz andere». Mit dem Verfahren habe die Staatsanwaltschaft «irgendeine Information zum dem Lösegeld bekommen wollen». Der größte Teil des Lösegeldes aus der Reemtsma-Entführung – 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken – ist bis heute verschwunden.

09.11.2011 dv