Was tun, wenn’s blitzt?

Tipps in der e110-Serie zum Thema Brandschutz

Berlin/Demmin (dv). Durch Blitzeinschlag ist am späten Sonntagabend in der Ortschaft Grammentin im Kreis Demmin der Dachstuhl eines Wohnhauses in Brand geraten. Wie die Polizei in Neubrandenburg am Montag mitteilte, konnten die vier Bewohner das Gebäude unverletzt verlassen. Wegen der Feuer- und Löschwasserschäden sind die drei Wohnungen im Haus vorerst nicht nutzbar. Der Sachschaden wurde mit 100.000 Euro beziffert.“

So lautet die Montagsmeldung der Nachrichtenagentur ddp. Man liest es (man nimmt auch zur Kenntnis, dass in Sylt wegen vieler Brände der Ausnahmezustand ausgerufen worden ist) und geht zur Tagesordnung über. Doch vielleicht wäre ein kurzes Innehalten angebracht. Und ein Nachdenken über das Phänomen „Blitzschlag und seine Folgen“. In unserem Wochen-Spezial deshalb ein Beitrag der Experten von „Prävention zum Thema Brandschutz“ (www.Brand-Feuer.de):

Blitze richten in Deutschland jährlich Schäden in Höhe von Abermillionen an. Durch Blitzeinschlag können Haus- und Waldbrände entstehen, zunehmend werden elektrische Geräte beschädigt. Zum Schutz werden daher viele Gebäude mit einem Blitzschutzsystem versehen. Von Versicherungsgesellschaften wird der Blitzschutz privater Gebäude jedoch nicht ausdrücklich verlangt.

Umsicht bei elektrischen Anlagen
Schäden entstehen jedoch nicht nur durch direkten Einschlag, sondern auch durch Potentialunterschiede elektrischer Anlagen oder des Bodens, sowie durch elektromagnetische Induktion in längere Kabelstrecken. Überspannungsschutzsteckdosen für elektronische Geräte wie Computer sind daher recht unzureichende Glieder einer Kette von Maßnahmen des Blitzschutzes. Werden sie allein eingesetzt, schützen sie insbesondere dann kaum, wenn an den Geräten weitere Leitungen angeschlossen sind (Telefonleitung, Antennenanlage, Kabelfernsehen). Wirksamer ist, alle Leitungen (Strom, Gas, Wasser, Telefon, Antenne, Kabelfernsehen) bei Gebäudeeintritt auf eine gemeinsame Potentialausgleichsschiene zu führen.

Zusätzlich sollten die Strom- und Signalleitungen mit Überspannungsableitern (Grob- und Feinschutz) versehen sein. Bei Antennenanlagen gilt weiterhin die alte Regel, den Antennenstecker vor einem Gewitter vom Gerät abzuziehen.

Ein besonders spektakulärer Blitzschaden ereignete sich 1970 am Langwellensender Orlunda in Schweden. Damals zerstörte ein Blitzschlag den Fußpunktisolator des 250 Meter hohen Zentralmasts des Langwellensenders und brachte diesen somit zum Einsturz.

Wirkung auf Menschen
Während eines Gewitters ist man im Freien – vor allem auf erhöhten Standpunkten – der Gefahr des Blitzschlags ausgesetzt. Am sichersten ist man in einem Haus, insbesondere wenn dieses Stahlbeton oder ein metallenes Rohrleitungsnetz enthält.

In Autos ist man in der Regel auch relativ sicher, da diese wie ein Faradayscher Käfig wirken und den Blitz außen ableiten sollen. Je nach Beschaffenheit der Außenhaut des Fahrzeugs (Kunststoff) muss dies jedoch nicht immer zutreffen. Es gibt in der Literatur Hinweise, dass es zu Personenschäden in Fahrzeugen gekommen sein soll. Zu bedenken ist auch, dass es bei fahrenden Autos indirekt durch den Schreck und die Blendwirkung zu Unfällen kommen kann.

Der Schreck danach
Personen, die sich in der Nähe eines Blitzschlags befunden haben, haben in der Folgezeit zum Teil erhebliche physiologische oder psychische Störungen oder Veränderungen, die sich sogar dauerhaft in einer Persönlichkeitsveränderung auswirken können. Martin Luther hat am 2. Juli 1505 bei einem entsprechenden Ereignis in Todesangst geschworen, Mönch zu werden.

Tödlicher Blitzschlag ist in Deutschland selten geworden; die durchschnittlich drei bis sieben Todesopfer pro Jahr ließen sich durch weitere Vorsichtsmaßnahmen noch weiter reduzieren. Im 19. Jahrhundert wurden in Deutschland noch an die 300 Personen jährlich vom Blitz getötet, da wesentlich mehr Menschen auf freiem Feld arbeiteten und sie sich nicht in geschützte Objekte wie Autos, Traktoren oder Mähdrescher zurückziehen konnten.

Verhalten bei Gewittern
Um nicht vom Blitz getroffen oder durch einen nahen Einschlag verletzt zu werden, müssen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, von denen die wichtigsten hier vorgestellt werden.

Schutz in Gebäuden oder Fahrzeugen suchen. Fahrzeuge mit geschlossener Metallkarosserie und Gebäude mit einem Blitzschutzsystem oder aus Stahlbeton wirken wie ein Faradayscher Käfig und bieten so maximale Sicherheit. Gelegentlich wird allerdings gemeldet, dass vom Blitz getroffene Autos Feuer gefangen haben. Gefahr droht während der Fahrt auch durch die Blendwirkung sowie durch den Umstand, dass der Blitz von den Felgen auf den Erdboden springen und so die Reifen ansengen kann.

Da Badewannen, Duschwannen und Wasserleitungen zwar in der Regel geerdet sind, jedoch oft nicht über eine geeignete Potentialausgleichsleitung verbunden sind, sollte bei Gewitter nicht gebadet oder geduscht werden. Wenn kein Schutz in Gebäuden oder Fahrzeugen gefunden werden kann und um nicht direkt vom Blitz getroffen zu werden, gelten folgende Regeln:

Offenes Gelände, Hügel und Höhenzüge meiden. Aufenthalt auf oder in Gewässern und Pools vermeiden. Wegen der Schrittspannung Füße zusammenstellen, in die Hocke gehen, Arme am Körper halten, den Kopf einziehen, eine Vertiefung aufsuchen. Um nicht von Sekundäreffekten betroffen zu sein, sollte man folgendes zusätzlich beachten:

Die unmittelbare Nähe von Bäumen, Masten und Türmen meiden. Blitze schlagen besonders häufig in freistehende, hohe Objekte ein. Andererseits kann dies den Blitz auch von bedrohten Personen ablenken. Es empfiehlt sich in solchen Notfällen eine Distanz von 50 bis 100 Metern zum blitzanziehenden Objekt. Wenn die Grundfläche des Objekts klein ist, ist die elektrische Feldstärke im Boden in unmittelbarer Nähe des Objektes besonders groß und daher auch die mögliche Schrittspannung. Wenn die Leitfähigkeit des Objekts eingeschränkt ist, wie zum Beispiel bei Bäumen, besteht die Gefahr umhergeschleuderter abgesprengter Teile und des Austritts des Blitzes in Bodennähe.

Abtauchen – aber wie?
Höhleneingänge und enge Mulden meiden, besser tiefer in die Höhle gehen. Der Blitz verteilt sich nach einem Einschlag zunächst nahe der Bodenoberfläche, der er an Höhleneingängen und engen Mulden unter Umständen nicht folgen kann. Dann springt ein Sekundärblitz über, von dem Schutzsuchende getroffen werden können. Nicht hinlegen, sondern den Kontaktbereich zum Boden minimieren. Mit zusammengestellten Füßen in der Hocke verharren und sich nicht mit den Händen abstützen.

Gummisohlen und isolierende Materialien als Standfläche sind vorteilhaft. Gegen einen direkten Blitzschlag können sie aber auch dann nicht schützen, wenn sie mehrere Zentimeter dick sind.

Die Sicherheit hängt vom vorausschauenden Verhalten ab: Nachdem das Gewitter bemerkt wurde, sollte man abhängig von Entfernung und Geschwindigkeit den sichersten erreichbaren Zufluchtsort aufsuchen. Anhand der Zeitdifferenz zwischen Blitz und Donner lässt sich der Abstand des Gewitters berechnen. Durch Wiederholung der Berechnung lässt sich die Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit des Gewitters abschätzen. Unter drei Sekunden Abstand zwischen Blitz und Donner, also unter zirka einem Kilometer Entfernung, ist jederzeit die Möglichkeit eines Einschlags in der Nähe gegeben.

16.08.2010 dv