XY-Preisträger 2022 Chia Rabiei: «Ich wollte weiteres Blutvergießen verhindern»

Chia Rabiei

Die Bilder der Bluttat am Barbarossaplatz in Würzburg haben Deutschland schockiert: Ein 24jähriger Somalier sticht in der belebten Einkaufsmeile wahllos auf Menschen ein. Mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser tötet er drei Frauen und verletzt neun weitere Menschen, sechs davon schwer.

An diesem Tag zeigen mehrere Passanten Zivilcourage. Aber nur der 42jährige Küchenhelfer Chia Rabiei kann den Tatablauf durch sein mutiges Einschreiten unterbrechen und damit weitere Opfer verhindern.

«Bewaffnet» mit dem neuen Rucksack  
Was ist geschehen? Chia Rabiei hat an diesem Tag in der Innenstadt einen neuen Rucksack gekauft. Am Barbarossaplatz wird er Zeuge, wie der Täter von hinten auf einen 16-jährigen Jugendlichen einsticht – drei-, viermal in den Nacken. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits drei Menschen tot und sieben weitere verletzt. Der überraschte Junge kann sich schwer verletzt retten.

Aber der Messerstecher sucht neue Opfer. Vor einer Sparkasse greift er eine ältere Frau an. Es ist der Moment, als Chia Rabiei sich ihm entgegenstellt – mit nichts weiter, als seinem Rucksack. «Das waren wehrlose Personen. Ich wollte weiteres Blutvergießen verhindern», sagt er später. Und es gelingt ihm!

Er zieht die Aufmerksamkeit des Täters auf sich, Indem er – seinen Rucksack schleudernd – auf den Mann zugeht. Der Täter reagiert darauf und attackiert ihn. Aber der 42-Jährige weicht immer wieder geschickt aus und wahrt Abstand zum Angreifer. Wie ein Torero tänzelt Chia Rabiei mit seinem Rucksack vor der Brust um den 24-jährigen Angreifer umher. Der Somalier konzentriert sich jetzt nur noch auf ihn.

Gefährlicher Ausrutscher  
Doch dann rutscht Chia Rabiei aus und stürzt. Sein Gegenüber ergreift die Chance und sticht in Höhe des Kopfes zu. Doch Chia Rabiei rollt blitzschnell zur Seite und steht ebenso schnell wieder auf den Füßen. Das Messer verfehlt ihn – er bleibt unverletzt. Unbeeindruckt von der Situation macht Chia Rabiei weiter und unterbindet damit Angriffe auf andere Passanten: «Ich habe gehofft, dass die Polizei bald eintrifft und wollte ihn so lange beschäftigen.»

Dann bekommt er von weiteren Passanten Unterstützung. Ermutigt von Chia Rabieis Einsatz drängen nun mehrere Männer mit Stangen und Stühlen den Angreifer immer weiter zurück. Schließlich erscheint die Polizei. Ein Schuss ins Bein des Angreifers beendet seine mörderische Messer-Attacke. Der 24-jährige Somalier wird festgenommen. 

«Ich bin kein Held»  
Chia Rabiei ist Kurde, lebt als Asylbewerber in Deutschland und verdient sein Geld als Küchenhelfer. Er ist geschieden und teilt sich mit seiner Ex-Frau das Sorgerecht für seine 18jährige Tochter, die unter Autismus leidet.

Als Held möchte er wegen seiner Zivilcourage aber nicht bezeichnet werden: «Ich bin kein Held. Eine Heldin ist die Frau, die ihre elfjährige Tochter vor den Messerstichen beschützt hat und dabei ums Leben gekommen ist.»

Die XY-Preis-Jury meint:
«Chia Rabiei hat in einer extremen Gefahrensituation sein eigenes Wohl hinter das anderer Menschen gestellt. Er konnte durch sein mutiges Einschreiten ein grausames Messer-Attentat wirkungsvoll stoppen. Chia Rabiei stellte sich dem Täter entgegen und verhinderte dadurch weitere Morde an wehrlosen Passanten. Sein Handeln ermutigte auch weitere Helfer einzuschreiten. Chia Rabiei handelte selbstlos und vorbildlich und konnte vermutlich weitere Tote und Schwerverletzte verhindern. 
Die XY-Preis-Jury spricht Chia Rabiei ihren größten Respekt und allergrößte Anerkennung aus.» 

Foto:  Securitel / ZDF

24.11.22 wel