Rentner muss für Totschlag neun Jahre hinter Gitter

Würzburg (dapd-bay). Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Tat hat das Würzburger Landgericht am Freitag einen 72-jährigen Rentner aus Reichenberg (Kreis Würzburg) wegen Totschlags zu neun Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte hatte gestanden, seine 79-jährige Ehefrau in den frühen Morgenstunden des 24. Dezember 2010 mit über einem Dutzend Messerstichen und mindestens 20 Hammerschlägen gegen den Kopf getötet zu haben.

Hintergrund der Tat war die Angst des 72-Jährigen vor sexuellen Übergriffen. Das Schwurgericht glaubte ihm, dass er ab dem zehnten Lebensjahr von Erzieherinnen in einem Kinderheim massiv sexuell missbraucht und dadurch schwer traumatisiert worden war. Die Frau musste sterben, weil es ihm nicht gelungen ist, seine tiefen seelischen Wunden zu heilen“, sagte der Vorsitzende Richter Lothar Schmitt.

Jahrelang aufgestaute Angst
Der Angeklagte sei von seinen Angstzuständen immer wieder eingeholt worden. Häufig berichtete er seinem Umfeld von bizarren Erlebnissen auch nach dem Kinderheim, bei denen er Opfer von sexuellem Missbrauch wurde. Diese Geschichten hatten nach Auffassung des Gerichts mit der Realität nichts zu tun. „Aber der Angeklagte war davon überzeugt“, betonte Schmitt: „Das Motiv der Tat liegt in seinem realitätsfremden Bestreben, sich der jahrelang aufgestauten Angst vor sexuellen Übergriffen zu entledigen.“

Der Rentner hatte einem Psychiater erzählt, er sei in den frühen Morgenstunden des 24. Dezember wegen einer seiner Panikattacken schweißgebadet aufgewacht. Was genau seine Frau in dieser Situation zu ihm zu ihm sagte, weiß er nicht mehr. Seine Angst wurde durch eine Äußerung der 79-Jährigen aber so groß, dass er ein Messer aus der Küche holte und begann, auf ihren Hals und ihr Gesicht einzustechen. Dann nahm er einen Hammer und zertrümmerte der Frau mit zwanzig Schlägen den Kopf.

Zelle wird vermutlich letzte Wohnung sein
Angeklagt war der Rentner wegen Mordes. Mordmerkmale wie Heimtücke oder Grausamkeit konnte das Schwurgericht ihm nach siebentägiger Beweisaufnahme aber nicht nachweisen. Die Tat sei allerdings „nahe dran am Mord“ und erfordere daher die hohe Freiheitsstrafe, sagte der Vorsitzende. Zwar habe der 72-Jährige im Affekt gehandelt und sei dadurch in der Schuldfähigkeit eingeschränkt gewesen. „Er war aber nicht willenlos, sondern hat sie bewusst und zielgerichtet getötet“, sagte Schmitt.

Für den gebrechlichen Rentner, der 17 Jahre auf der Straße lebte und Herzinfarkte, einen Gehirntumor sowie eine Verätzung der Speiseröhre hinter sich hat, bedeuten die neun Jahre voraussichtlich lebenslänglich. „Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass er die Mauern des Gefängnisses noch einmal lebend verlassen wird“, sagte Schmitt.

23.12.2011 Ta