Tickt bald eine Zeitbombe?

Wegen Totschlags verurteilter Mann muss nicht in Sicherungsverwahrung

Bayreuth (dapd). Ein bereits zweimal wegen Totschlags verurteilter Mann muss nicht nachträglich in Sicherungsverwahrung. Das Landgericht Bayreuth wies am Mittwoch einen Antrag der Staatsanwaltschaft ab, wonach der heute 55-Jährige nach Verbüßung seiner Haftstrafe weiter im Gefängnis hätte bleiben müssen.

Nur bedingt gefährlich?
Nach Auffassung des Gerichts ist der verurteilte Maler nicht für die Allgemeinheit, sondern nur für einen ganz speziellen Personenkreis gefährlich, nämlich für seine jeweiligen Lebensgefährtinnen, wenn die Beziehung zu scheitern droht. Dies reiche aber nicht aus, um ihn auf unbegrenzte Zeit wegzusperren. Der 55-Jährige wird allerdings nach seiner Freilassung Ende März unter Führungsaufsicht gestellt. Welche Auflagen er erfüllen muss, wird die Strafvollstreckungskammer noch bestimmen.

Der Maler war im Mai 1991 wegen Totschlags seiner damaligen Ehefrau vom Landgericht Coburg zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte die zweifache Mutter im Juni 1990 mit mindestens zehn Messerstichen umgebracht, weil sie sich von ihm scheiden lassen wollte.

Alkohol und Gewalt
Ein Jahr nachdem er auf Bewährung aus der Haft entlassen worden war, tötete er im Januar 1996 erneut eine Frau: Seine damalige Lebensgefährtin wollte sich von ihm trennen und zu ihrem Ex-Mann zurück. Der 55-Jährige schlug sie im Streit nieder und erwürgte sie. Hierfür wurde er im Dezember 1996 vom Landgericht Bayreuth ebenfalls wegen Totschlags zu 13 Jahren Haft verurteilt. In beiden Fällen war er stark betrunken.

Die Staatsanwaltschaft hatte die nachträgliche Sicherungsverwahrung beantragt, weil der 55-Jährige ihrer Auffassung nach bei Problemen in einer neuen Beziehung «mit hoher Wahrscheinlichkeit» wieder gewalttätig werden dürfte. Während seiner langjährigen Haftstrafe hatte er eine Therapie zur Behandlung seiner Persönlichkeits- und Alkoholprobleme schon nach der ersten Sitzung abgebrochen. Er sei offensichtlich nicht in der Lage, Trennungen und Zurückweisungen von seinen Lebenspartnerinnen in adäquater Weise zu verarbeiten, heißt es in der Antragsschrift der Anklagebehörde. Die Verteidigung hatte gefordert, den Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Gegen das Urteil ist Revision möglich.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte generell die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Deutschland beanstandet und darin einen Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention gesehen. Diese Entscheidung habe jedoch bei der Urteilsfindung keine Rolle gespielt, betonte das Bayreuther Landgericht.

20.1.2011   LB