Beim Kegeln klickten die Handschellen

Zur 500. Sendung

XY: Erster Festgenommener war ein Melkmaschinen-Betrüger

Ismaning (rei).  Skandalös: Jeder bespitzelt jeden, Denunziation wird zum Volkssport, ein Heer Unschuldiger landet hinter Gittern. Den Kritikern der Fernsehfahndung schwant Übles. Doch deren Erfinder Eduard Zimmermann und seine Nachfolger beweisen: Der XY-Zuschauer ist mitnichten ein Denunziant. Und die Polizei bestätigt: Die Hinweise sind seriös und helfen, viele als hoffnungslos eingestufte Fälle doch noch aufzuklären. Wäre es anders, hätte es „Aktenzeichen XY… ungelöst“ garantiert nicht auf 500 Folgen geschafft. 

Als „Aktenzeichen XY… ungelöst“ am 20. Oktober 1967 das erste Mal auf Sendung geht, kommt dies einer kleinen Revolution gleich. Den Bildschirm zur Verbrechensbekämpfung zu nutzen und das Publikum aktiv an der TV-Sendung zu beteiligen, das war so noch nie da gewesen.

Und es sorgt für großes Aufsehen. XY ist das, was man damals einen „Straßenfeger“ nennt. Wenn freitags um 20.15 Uhr Eduard Zimmermann mit ernster Miene die Nation zur Mithilfe aufruft, versammeln sich die Familien vor dem Bildschirm. Sie haben Papier, Bleistift und mitunter sogar den Fotoapparat zur Mitarbeit parat. Die Kleinsten müssen ins Bett, schauen aber heimlich durch den Türspalt.

Erste Festnahme auf der Kegelbahn
Von Anfang an funktionierte die Sendung nicht nur als Fahndungshilfe für die Polizei sehr gut. Sie war auch ein Publikumserfolg. Der Hinweis eines Zuschauers führte noch während der ersten Sendung zur Festnahme eines Gesuchten: Der „Melkmaschinen-Schwindler“ Johannes K. war von Zuschauern erkannt worden, als er in einer Gaststätte am Kegelabend teilnahm. Vorne im Gastraum lief XY, hinten auf der Kegelbahn klickten die Handschellen.

Und so ging es weiter. Auch in der zweiten und dritten Sendung wurden Straftäter noch während der Sendung hinter Schloss und Riegel gebracht. Damit verstummten die Kritiker des neuen Sendekonzepts.

Die Hoffnungen der Macher und der Polizei haben sich in den vergangenen 48 Jahren voll und ganz erfüllt: 4436 Verbrechen wurden in den vergangenen 48 Jahren in XY vorgestellt. 1810 davon wurden geklärt, 2254 Straftäter festgenommen. Die imposante Aufklärungsquote: 40,8 Prozent.

XY-Schauspieler unter Tage
Dieser Erfolg hat wohl auch damit zu tun, dass man bei der filmischen Umsetzung der Kriminalfälle immer wieder neue und nicht selten überaus aufwändige Wege geht. Da wird schon mal der Tunnel der Berliner „Tunnelräuber“ für die Dreharbeiten nachgebaut – für den mit über 30 Minuten bislang längsten Filmbeitrag in der XY-Geschichte. In manchen Fällen verlängert sich zum Beispiel die Sendezeit von regulär 90 Minuten auch mal auf 120 Minuten.

Auch sonst geht die XY-Redaktion immer wieder neue Wege. Unter anderem wurde von der Deutschen Kriminalfachredaktion ad hoc ein Spendenkonto für einen jungen Afrikaner organisiert. Mit 14 Jahren war er nach Deutschland gelockt, hier gefangen gehalten und missbraucht worden. Die Zuschauer ermöglichten dem schwer traumatisierten Jugendlichen nach Ausstrahlung des Falls mit ihren Spenden eine adäquate Therapie. Außerdem trugen sie dazu bei, dass der Minderjährige bis zur Volljährigkeit in Deutschland bleiben darf.

Nach Jahrzehnten geklärt – durch XY
Schlagzeilen wie „Mord nach 29 Jahren gelöst – der Fall Lolita Brieger“, gehören mittlerweile zur Erfolgsgeschichte der Fahndungssendung. Längst erwarten Polizei und Zuschauer die Ausstrahlung spektakulär empfundener Verbrechen in XY. Da muss ein vieldiskutierter Fall wie das vermisste Mädchen Madeleine McCann (XY Spezial 2013) aus England ebenso Thema sein wie die Fahndung nach dem Mörder der entführten Bankiersgattin Maria Bögerl aus Heidenheim oder der Fall Peggy Knobloch aus Lichtenberg in Franken.

Die Zuschauerzahl ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Und auch die Anzahl der Hinweisgeber steigt von Jahr zu Jahr weiter.

14.10.2015  wel