Die Annahme, dass Frauen, die sexuell missbrauchen, weniger gewalttätig sind als Männer, ist nicht richtig. Die Formen der Gewalt, ihre Intensität, Häufigkeit und Perversion sind ähnlich. Für die Opfer sind die Folgen des Missbrauchs durch eine Frau nicht anders als die durch einen Mann.
Geschlechtsspezifische Auswirkungen
Jungen, die missbraucht wurden, stoßen häufig auf Unverständnis, wenn sie sich mit Ihren Erfahrungen jemandem anvertrauen wollen. Von den Erwachsenen als „frühreifes Früchtchen“ bestenfalls belächelt, von Gleichaltrigen wegen der „geilen“ Erfahrung oft sogar beneidet, bleiben sie mit ihrem Problem meist allein. Dass auch sie Gewalt erfahren haben, wenn auch meist psychische Gewalt, bleibt unberücksichtigt. Frauen können doch Männern gegenüber keine sexuelle Gewalt ausüben. So die herkömmliche Meinung. Außerdem herrscht immer noch das Klischee: Männer machen ihre besten Erfahrungen doch eh mit älteren und sexuell gereiften Frauen. Also, wo ist das Problem?
Mädchen, die von einer Frau missbraucht worden sind, reagieren irritiert und erschüttert. Gewaltsame sexuelle Erfahrungen durch eine Frau sind in unserer Gesellschaft ein Tabu. Heranwachsende Mädchen werden zwar vor Männern gewarnt, aber von einer Frau als Täterin spricht niemand.
Psychosomatische Signale
Der Körper der Missbrauchten reagiert unweigerlich auf die seelische Verletzung. Die Intensität ist unterschiedlich, richtet sich aber nicht ausschließlich nach der Intensität des Missbrauchs. Bulimie, Magersucht, chronische Depressionen, Selbstverstümmelungen, Ängste, Selbstmordversuche – all das erleben Betroffene.
Die Flucht in eine heile Welt
Die Seele der Kinder ist oft nicht in der Lage, den Missbrauch zu verbalisieren, sich überhaupt mit dem, was geschehen ist, auseinandersetzen zu können. Die Folge: Drogen-, Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit.
Die eigene Familie
Mit der Gründung einer eigenen Familie kann das Erlebte – selbst wenn es vorher in einer Therapie bewältigt wurde – wieder zu Tage kommen. Betroffene finden nur schwer einen normalen körperlichen Zugang zu ihren eigenen Kindern.
Vor allem Mädchen, die von Frauen misshandelt wurden, haben Probleme, ihre eigenen Kinder anzufassen. Die Grenze zwischen einer mütterlichen Berührung und grenzüberschreitendem Getätschel ist für sie schwer zu ziehen und gerät immer wieder ins Wanken.
Die Mutter als Täterin
Dass die Täterin meist die eigene Mutter ist, hat für die Opfer eine fatale, nicht selten tatsächlich vernichtende Wirkung. Der Mensch, dem man auf der Welt am allermeisten vertrauen können sollte, bei dem man Schutz und Rückhalt erwartet, verrät dieses Vertrauen, die Abhängigkeit auf so grundlegende Weise. Das hat meist ein Leben lang Auswirkungen auf die eigene Persönlichkeitsentwicklung.