Die Täterinnen – Der Versuch einer Typisierung

Noch einmal zurück zur Kriminalstatistik: Rund 95 Prozent der angezeigten Täter von Kindesmissbrauch sind Männer. Frauen werden seltener entdeckt. Doch auch sie gehören zu den Tätern. Mehr als man bisher glaubte.

Sie kommen aus allen sozialen Schichten und haben einen unterschiedlichen intellektuellen Stand. Sie sind verheiratet, leben alleine oder sind alleinerziehende Mütter. Einige Frauen vergewaltigen schon Kleinkinder, andere haben es auf Pubertierende abgesehen. Ihnen ist gemein, dass sie ihre Opfer nicht willkürlich auswählen und die gleichen Mechanismen benutzen, um ihre Tat zu vertuschen wie auch männliche Täter.

Es gibt im Wesentlichen drei Typen von Täterinnen:

Die Liebhaberin
Diese Gruppierung hat es eher auf Heranwachsende abgesehen. Diese Frauen suchen bewusst den Kontakt zu pubertierenden Jungen, um sie „zum echten Mann zu machen“. Dabei belügen sie sich selbst und definieren diese Liebesbeziehung als echte Partnerschaft, die sich eben nicht an gesellschaftliche Normen hält. Viele dieser Frauen wurden in ihrer Kindheit selbst missbraucht und suchen deswegen eine Beziehung zu Männern, die sie auf keinen Fall verletzen können. Körperliche Gewalt spielt hier kaum eine Rolle.

Von Männern gezwungene Täterinnen
Diese Täterinnen werden – zumindest am Anfang – von den männlichen Partnern gezwungen, sich am Missbrauch des Kindes zu beteiligen. Sie werden „angeleitet“. Dabei ist meist massive körperliche Gewalt im Spiel. Nach und nach entsteht so zwischen dem Täter und seinem erwachsenen Opfer eine totale Abhängigkeit. Die Mutter lebt wie im Gefängnis. Um mit dieser Situation fertig zu werden, erfinden Mittäterinnen Entschuldigungen. Denn schließlich könnte es dem Kind noch schlechter gehen, wenn sie nicht mitspielen würden …
Sind sie dann endlich vom Partner getrennt, beenden viele Frauen den Missbrauch. Andere missbrauchen weiter. All ihr Hass über das Erlebte und der sexuelle Frust entlädt sich auf das Kind.

Erst Opfer, dann Täterin
Diese Frauen handeln allein. Meist sind die eigenen Kinder die Opfer. Um sie gefügig zu machen, greifen sie zu aggressiven Methoden. Die Kinder werden nicht selten schwer verletzt. Die Täterin unterstellt ihnen dabei aber, sie seien selbst schuld. Da hier meist schon Kleinkinder misshandelt werden, verlässt sich die Täterin auf ihre Rolle und ihren Einfluss als Mutter. Das Kind ist vollkommen abhängig.
Diese Täterinnen waren meist selbst Opfer von sexuellem Missbrauch. Ihre Taten an ihren eigenen Kindern „brauchen“ sie, um sich eine gewisse seelische Entspannung zu verschaffen. Sie müssen zwanghaft selbst erleben, eine Machtposition zu haben.

Missbrauch kann sich durch Generationen fortsetzen. In Familien, in denen seit Jahren Mütterlichkeit, Sexualität und Gewalt eins geworden sind, kann jedes Bewusstsein für Missbrauch fehlen. Und jedes Mitgefühl für die Opfer.