München (dapd-bay). Sie bekam Morddrohungen und musste von ihrem eigenen Tod in der Zeitung erfahren: Monatelang ist eine 17-Jährige aus Ismaning bei München von einem Stalker terrorisiert worden. Jetzt hat die Polizei den mutmaßlichen Täter gefasst. Am Donnerstag legte der 43-jährige Mann ein umfangreiches Geständnis ab, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.
Kriminaloberkommissar Marco Müller erklärte, seit Mitte Mai habe der Stalker das Mädchen per Internet und SMS anonym belästigt. Besonders makaber: Vor einer Woche schaltete der Stalker eine gefälschte Todesanzeige mit dem Namen der 17-Jährigen in der Süddeutschen Zeitung“. Wenige Tage danach gingen bei der Jugendlichen Drohungen ein, in denen es hieß, sie werde die nächsten Tage nicht erleben.
Der Mann habe vor dem Haftrichter alle Anschuldigungen zugegeben, sagte ein Sprecher der Münchner Staatsanwaltschaft auf dapd-Anfrage. Der mutmaßliche Täter war am Mittwoch an seinem Arbeitsplatz in München festgenommen worden und sitzt nun Untersuchungshaft.
Sehr trickreich vorgegangen
Sein Motiv war zunächst unklar. Eine verschmähte Liebe, die in solchen Fällen häufig der Auslöser sei, könne aber ausgeschlossen werden, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Der Verdächtige ist ein ehemaliger Arbeitskollege des Opfers. In seiner Wohnung wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, darunter Handys, SIM-Karten, Speichermedien und Verträge.
Oberkommissar Müller betonte, der Mann sei sehr trickreich vorgegangen. Nur weil er einen Fehler gemacht und einmal seine persönlichen Daten angegeben habe, konnte er gefasst werden. Der Verdächtige war den Angaben zufolge 2006 und 2010 bereits zweimal wegen Belästigungen angezeigt, aber nicht strafrechtlich belangt worden.
Zunächst Streich vermutet
Die Familie des Opfers zeigte sich nach der Festnahme erleichtert. „Die Anspannung der vergangenen Wochen fällt jetzt aber nicht einfach so von uns ab“, sagte der Vater der 17-Jährigen der „Süddeutschen Zeitung“ (Onlineausgabe).
Der Mann sagte ferner dem Radiosender Antenne Bayern, seine Tochter habe sich aus Angst zeitweise an einem unbekannten Ort versteckt. „Wir dachten am Anfang, dass es ein kleiner Lausbubenstreich ist“, sagte der Vater. Als die Nachrichten aber nicht aufhörten, habe man sich relativ schnell an die Polizei gewandt.
Kritik an der Rechtslage
Oberstaatsanwalt Steinkraus-Koch sagte, dem Mann drohe eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren, weil die 17-Jährige gesundheitliche Schäden davon getragen habe. Er kritisierte die aktuelle Rechtslage bei Stalking-Fällen. Nur weil sich das Opfer in medizinische Behandlung begeben musste, sei eine Strafverfolgung überhaupt möglich gewesen. Auch die Rechtslage bei der Vorratsdatenspeicherung sei für Stalking-Fälle nicht ausreichend. So könnten die Daten der Belästigungen im Mai und Juni nicht mehr abgerufen werden.
24.08.2012 Ta
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