Ein Auge auf die Fans

Aus dem Leben eines EM-Polizisten

Jena/Warschau (dv/dapd). Fangesänge, Torjubel und kleinere Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern rivalisierender Fußball-Teams gehören derzeit zum Alltag von Jan Reinheimer. Der 40-jährige Polizist aus Jena ist als einer von 14 sogenannten szenekundigen Beamten (SKB) aus Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft in Polen im Einsatz. Probleme mit deutschen Fans habe er bisher nicht gehabt. Es lief alles bestens“, sagt er. Bis auf ein paar ganz kleine Problemchen sei auch das Spiel am Freitagabend aus polizeilicher Sicht sehr gut verlaufen.

Die szenekundigen Beamten aus Deutschland unterstützen ihre Kollegen bei der EM in Polen und der Ukraine. Sie kennen sich mit Fußballfans aus, auch mit solchen, denen es mehr um Randale als um den Sport geht. In ziviler Kleidung oder in Uniform gehen die speziell ausgebildeten Beamten Brennpunkte wie einschlägig bekannte Kneipen oder Public-Viewing-Veranstaltungen ab.

Wichtig: Austausch mit Kollegen
Im Vordergrund stehe der Austausch mit den Kollegen aus den anderen Ländern, die ebenfalls zu EM angereist seien, erklärte Reinheimer. Diese könnten oft schwer einschätzen,  ob etwa ein deutscher Fangesang oder gewisse Rituale bedrohlich sind oder nicht. Auch haben polnische und ukrainische Sicherheitskräfte beim Gespräch mit deutschen Fußballanhängern oft ein Sprachproblem. Andersherum helfe es auch ihm, etwa von spanischen oder polnischen Kollegen zu erfahren, wie sich deren Hooligans verhalten und wie sie dagegen vorgehen.

Reinheimer ist froh, dass er bislang keine größeren Ausschreitungen erlebt hat. Auch nach dem Spiel gegen Griechenland blieb es weitestgehend ruhig. Dabei war die Gefahr groß, dass gewaltbereite Fans aus Berlin und Sachsen kommen. Vor dem Spiel habe er „kein gutes Gefühl gehabt.

Auch wenn es keine Randale gibt, hat Reinheimer zu tun. „Ich bin ständig unterwegs, das ist sehr anstrengend“, sagt er. Wenn Fans einen Polizisten in Deutscher Uniform sehen, wollen sie meist sofort ein Foto machen, sagte er. Andere kommen und wollen Hilfe, weil sie etwa Opfer eines Taschendiebstahls wurden. Dann erklärt der Polizist, an wen sich die Betroffenen wenden können. Selbst ermitteln oder einschreiten darf er nicht.

Spiele sehe Reinheimer daher nur, wenn er frei habe. Beim Spiel Deutschland gegen Griechenland war er zwar im Stadion eingesetzt, „viel vom Spiel sehe ich da aber nicht, ich habe immer ein Auge auf die Fans“. Trotzdem macht es dem langjährigen Fußballfan unglaublichen Spaß. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagte Reinheimer.

23.06.2012 dv