Berlin (dpa). Vergangenes Wochenende in der U-Bahn: Ein Streit, ein Mann, der dazwischen geht, ein Teppichmesser – und am Ende ist der Schlichter schwer verletzt. Es sind Vorfälle wie dieser aus Berlin, die Angst verbreiten. Viele Menschen meiden vor allem abends Busse und Bahnen und fahren lieber Auto.
«Oft fahren Ältere und Frauen gar nicht mehr», sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. «Das ist eine nennenswerte Gruppe.» Mit Fahrgastvertretern verlangt er nun bundesweite «Sicherheitspartnerschaften» für mehr Personal und mehr Kameras auf Bahnhöfen und in Zügen.
Damit soll vor allem das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste steigen. Denn die Realität ist nicht so krass, wie schockierende Einzelfälle glauben lassen. Zwar gibt es keine übergreifenden Statistiken. Die Bahn registrierte 2011 durchschnittlich 4,5 Körperverletzungen am Tag – bei täglich 7,5 Millionen Reisenden in ihren Zügen und Bussen.
Jeder Dritte fürchtet sich
«Im Zweifelsfall gibt aber das Gefühl den Ausschlag, ob jemand den öffentlichen Verkehr nutzt oder meidet», sagt Flege. Nach einer Umfrage des Verbands fühlen sich zwar 91 Prozent der Fahrgäste in Bus und Bahn sicher. In Bahnhöfen und an Bushaltestellen sind es aber nur 67 Prozent, besonders schlecht sind die Werte in Brandenburg und dem Saarland.
Wie es dazu kommt? Viele Bahnhöfe seien in schlechtem Zustand, Uniformierte seien weit und breit nicht zu sehen, kritisiert der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. «Das hat gar nichts damit zu tun, ob da jetzt jemand mit der Keule an der Ecke steht, um mir eins rüberzuziehen», sagt Naumann. «Wer in einem verfallenen Bahnhof sitzt, hat schon allein deshalb Angst.»
Dabei gebe es auch ein Zuständigkeitsproblem: Im Bahnhof muss der Betreiber mit seinen Wachschützern für Sicherheit sorgen, davor die Polizei. Bund, Länder, Kommunen, Verkehrsverbünde, Unternehmen und Organisatoren von Großveranstaltungen müssten besser kooperieren. «Der Staat ist gefordert», sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. «Wir produzieren an dieser Stelle zu wenig Sicherheit.»
Alkohol spielt wichtige Rolle
Laut der Umfrage verlangen die Fahrgäste mehrheitlich mehr Videokameras, mehr Uniformierte im Fahrzeug – und ein generelles Alkoholverbot, die älteren mehr als die jüngeren. Mit einem solchen Verbot kämpfen Hamburg und München seit 2011 gegen Pöbeleien und Gewaltexzesse in ihren Bussen und Bahnen, auch in den Metronom-Zügen in Niedersachsen darf man nur trocken fahren. «Dort ist es einfach viel sauberer und sicherer geworden», findet Naumann.
«Übermäßiger Alkoholkonsum ist in 30 Prozent der Gewalttaten ursächlich», sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Malchow. Viele Verkehrsunternehmen untersagen Alkohol in ihren Beförderungsbedingungen – setzen das Verbot aber nicht durch. Dafür fehle meistens das Personal.
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30.05.2013 Ta