Ganz unsportlich, dieser Skandal!

Nazi-Nähe? Ruderin muss das Olympische Dorf verlassen

VON DETLEF VETTEN

Rostock/London. In der offiziellen Mannschafts-Broschüre des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird der Beruf von Nadja Drygalla noch mit Polizistin angegeben. Anruf beim Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern. Michael Teich ist am Telefon und gibt freundlich Auskunft: Die 23-Jährige sei schon eine geraume Weile aus dem Polizeidienst ausgeschieden.

Teich weiter: Mit Wirkung vom 30.9.2011 beendete Frau Drygalla bereits ihren Vorbereitungsdienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege in Güstrow vorzeitig. Nadja Drygalla ist somit keine Polizeibeamtin und auch kein Mitglied in der Sportfördergruppe der Landespolizei. Zu Mutmaßungen und Gerüchten im Zusammenhang mit den persönlichen Lebensverhältnissen von ehemaligen Polizeianwärtern nimmt das Innenministerium grundsätzlich keine Stellung.“

Über ihren Freund kursieren derweil in Rostock böse Geschichten. Michael F., Kaderführer der „Nationalen Sozialistischen Partei Rostock“ sei wiederholt wegen rechtsextremer Auftritte aufgefallen. Im Internet wurde auch die Liaison des Neonazis mit der Ruderin publik gemacht. Auf dem linken Portal „Indymedia“ sind Fotos der „Herzensdame“ von Fischer aufgetaucht.

Während Drygalla auf einem Foto für das Titelblatt des „Polizei-Journals“  neben dem erklärten Antifaschisten und Ministerpräsidenten Lorenz Caffier als „Vorzeigepolizistin“ dargestellt wird, beschimpft Michael F. auf der Internetseite „Mupinfo“ den CDU-Mann als „Kaffern-Lori“ und zeiht ihn der „Gesinnungsschnüffelei“.

Die Ruderin ist also abgetaucht – und bei der Pressekonferenz am Morgen nach dem Skandal ist dem Chef der deutschen Mission anzumerken, wie unangenehm ihm die Situation ist. Die Funktionäre versuchen, den Schaden in Grenzen zu halten und die Sportlerin weitmöglichst zu schützen.

Eine Frau bleibt auf der Strecke
Und doch kann niemand an diesem Morgen die Betroffenheit in der deutschen Delegation aus der Welt schaffen. Zu viel ist in den vergangenen Jahren in der rechten Szene passiert, als dass man in diesem Fall einfach zur Tagesordnung übergehen könnte.

Es bleiben am Ende des Tages übrig: relativ hilflose Funktionäre, Berichterstatter, die fahrlässig mit den Begriffen „rechts“ und „Nazi“ und „braun“ umgehen, Menschen, die sich in ihren Vorurteilen gegen die Deutschen bestätigt fühlen.

Und es bleibt eine junge Frau auf der Strecke, die möglicherweise durch einen seltsam angezettelten „Skandal“ (der vielleicht gar keiner ist) gänzlich aus der Bahn geworfen wird.

03.08.2012 dv