Mehr Gewalt gegen bayerische Polizisten

Nürnberg (dapd-bay). Polizisten in Bayern sehen sich zunehmend brutalen Übergriffen ausgesetzt. Die Zahl der Fälle, in denen Beamte in Ausübung ihres Dienstes beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen oder getreten wurden, stieg 2011 im Vergleich zu 2010 um zehn Prozent auf 6.909, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am heutigen Dienstag bei der Vorlage des Landeslagebildes Gewalt gegen Polizeibeamte“ in Nürnberg sagte. Nach Angaben von Landespolizeipräsident Waldemar Kindler liegt der Freistaat damit deutschlandweit im Mittelfeld.

Neben körperlicher Gewalt wird in der Statistik auch psychische Gewalt etwa in Form von Beleidigungen mitgezählt. Von Übergriffen betroffen waren Herrmann zufolge 14.645 Beamte und damit 13,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Von ihnen wurden 1.918 verletzt (plus 17,1 Prozent), 21 sogar schwer.

Die anschließenden Krankschreibungen entsprachen rechnerisch dem Ausfall von 13 Beamten für ein ganzes Jahr. Laut Kindler ist das im bundesweiten Vergleich ein recht hoher Wert. „Das heißt, dass bayerische Polizisten insgesamt härter angegangen werden“, sagte er.

Häufigstes Delikt: Beleidigungen
Laut Herrmann nahm vor allem die Beleidigung von Beamten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu, und zwar um 23 Prozent. „Dies zeugt von einem hohen Maß an Respektlosigkeit gegenüber unseren Polizistinnen und Polizisten“, sagte der Minister.

Mit knapp 40 Prozent machten Beleidigungen den Hauptteil der registrierten Delikte aus, gefolgt von Körperverletzungen (rund 34 Prozent), wie etwa Handbrüchen oder einer abgebissenen Fingerkuppe während Festnahmen, und Widerstandshandlungen (fast 20 Prozent).

Alkohol und Drogen im Spiel


Den zahlenmäßig meisten Angriffen sehen sich Polizisten den Angaben zufolge beim alltäglichen Dienst ausgesetzt. Am häufigsten kommt es an Wochenenden zwischen 23.00 Uhr und 02.00 Uhr zu Übergriffen.

Hier spielten auch Alkohol oder Drogen als Enthemmer und Aggressionsverstärker eine Rolle, betonte Herrmann: Von den 5.841 Tatverdächtigen hätten 72 Prozent erkennbar unter dem Einfluss von Rauschmitteln gestanden.

„Die Intensität der Gewalt gegen Polizisten ist nach wie vor erschreckend“, sagte er. Wozu einzelne Straftäter fähig seien, zeige der Mord am Augsburger Polizeihauptmeister Mathias Vieth im Oktober.

Schärfere Strafen geplant
Herrmann kündigte an, die zunehmende Gewalt gegen Polizisten weiterhin entschieden zu bekämpfen. Bereits im vergangenen Jahr, als das erste Landeslagebild vorgestellt wurde, sei gehandelt worden. Unter anderem wurde die Höchststrafe für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit Wirkung zum 5. November von zwei auf drei Jahre Haft angehoben. „Ich hoffe, dass von dem neuen Strafrahmen auch Gebrauch gemacht wird“, sagte Herrmann.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) stellte in Reaktion auf den Bericht eine weitere Verschärfung des Strafrechts in Aussicht: „Wir müssen Polizeibeamte auch dann wirkungsvoll gegen Widerstand schützen, wenn es nicht um konkrete Vollstreckungshandlungen geht“, betonte sie. Es könne nicht sein, dass sich jemand, der Polizisten im Streifendienst angreife, nicht wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte strafbar mache.

Appell an FDP
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sowie die Grünen im bayerischen Landtag forderten unterdessen mehr Unterstützung der betroffenen Polizisten bei der Durchsetzung ihrer Schmerzensgeld- oder Schadensersatzforderungen und regten an, dass der Staat in Vorleistung gehe und – wenn die Täter mittellos seien – die Forderungen zu übernehmen.

Der DPolG-Landesvorsitzende Hermann Benker appellierte außerdem an die FDP, ein Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen während der Ladenschlusszeiten und die Rückkehr zur früheren Sperrstunde nicht weiter zu blockieren.

Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Harald Schneider, kritisierte indes die Strafverschärfung als nicht ausreichend. „Einem meist angetrunkenen Täter ist es vollkommen egal, welche Strafe ihn erwartet“, erklärte er und forderte mehr Präventionsarbeit an Schulen und in Jugendzentren.

07.08.2012 Ta