Berlin (dv). Das ist ein düsteres Resümee: Die Zahl der Verfahren wegen Menschenhandel in Deutschland steigt weiter an. Im Jahr 2009 wurden 534 Ermittlungsverfahren wegen sexueller Ausbeutung abgeschlossen. Dies bedeutet einen Anstieg um elf Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor. Die Zahl der Opfer stieg gegenüber 2008 um fünf Prozent auf 710. «Die Täter gehen zum Teil äußerst brutal vor», sagt der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke. In vielen Fällen würden die Opfer durch körperliche Gewalt, Vergewaltigungen und Todesdrohungen eingeschüchtert.
Rund 20 Prozent der Opfer im vergangenen Jahr waren minderjährig, wobei sich die Zahl der unter 14-Jährigen im Vergleich zu 2008 auf 41 (5,8 Prozent) mehr als verdoppelte. Mit 86 Prozent stammt weiterhin ein Großteil aus dem europäischen Raum. Bei den ausländischen Opfern dominieren erneut rumänische und bulgarische Staatsangehörige.
Die Tatverdächtigen sind meist Deutsche (36 Prozent). Die ausländischen Verdächtigen stammen größtenteils aus Bulgarien, Rumänien und der Türkei. In den letzten Jahren haben sich laut Ziercke jedoch Hinweise gehäuft, dass sich auch nigerianische Menschenhändler bundes- und europaweit etabliert haben.
Die Überführung der Täter gestalte sich oft schwierig, führt Ziercke weiter aus. Das Grundproblem sei die mangelnde Bereitschaft der Opfer, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. «Die Aussagen der Opfer sind von zentraler Bedeutung, um gegen die Täter ermitteln zu können.» Durch verstärkte Präsenz im Milieu, mehrsprachige Informationsblätter und gezielte Ansprachen müssten Polizei und Fachberatungsstellen die Opfer noch stärker unterstützen.
In Berlin wurde jetzt eine Kampagne gegen Menschenhandel vorgestellt, in der sich die Opferorganisation «Ban Ying» in verschlüsselten Botschaften auf Plakaten und Werbegeschenken direkt an die Opfer wendet.
22.05.2010 dv