Menschenunwürdig – aber kein Rechtsverstoß

Berlin (dapd-bln). Die Klagen von drei Häftlingen auf Schadensersatz wegen menschenunwürdiger Bedingungen in der Justizvollzugsanstalt Tegel sind in zweiter Instanz gescheitert. Im Berufungsverfahren gab das Kammergericht Berlin am Dienstag der Senatsjustizverwaltung Recht, die die Urteile des Landgerichts Berlin angefochten hatte.

Die Vorinstanz hatte den drei Häftlingen wegen ihrer Unterbringung in zu kleinen Zellen der Teilanstalt 1 in Tegel bis zu 5.000 Euro Schadensersatz zugesprochen. Das Kammergericht hatte bereits in der mündlichen Verhandlung signalisiert, dass ein Anspruch auf Haftentschädigung scheitern könnte, weil ein Verschulden des Landes Berlin eher zu verneinen sei“.

Verstoß gegen die Menschenwürde
Das Gericht sah in der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofes vom November 2009 eine zeitliche Zäsur für die Einschätzung der Haftsituation. Die Richter folgten zwar der Auffassung des Berliner Verfassungsrichter, wonach die Unterbringung der Häftlinge in zu kleinen Einzelzellen und ohne baulich abgetrennte Toilette gegen die Menschenwürde verstößt.

Es seien schlimme Zustände gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Doch die Rechtslage für das Land Berlin sei vor diesem Urteil „nicht so einfach zu beurteilen gewesen“. Es habe keine klare gesetzliche Regelung gegeben.

Uneinigkeit über Sachverhalt
Aber auch ein Schadensersatzanspruch der klagenden Häftlinge für die Dauer ihrer Zeit in Einzelzellen nach dem Urteil der Berliner Verfassungsrichter schien zweifelhaft. Dem Gericht zufolge würde es auch hier daran scheitern, dass dem Land kein Verschulden vorzuwerfen ist, weil die Betroffenen „keinen Antrag auf sofortige Verlegung“ in eine andere Zelle bei der Anstaltsleitung in Tegel gestellt hatten.

Der Rechtsanwalt der Häftlinge kritisierte, seine Mandanten seien damals „falsch belehrt worden, um Rechtsmittel abzublocken“. Der Anwalt der Senatsjustizverwaltung verwies darauf, dass den Gefangenen nach dem Urteil im November 2009 der Hinweis erteilt worden sei, dass ihre Unterbringung in der Einzelzelle höchstens drei Monate dauern würde, sie aber einen Antrag auf vorzeitige Verlegung stellen könnten.

Das Landgericht Berlin hatte die Entscheidung damals damit begründet, dass die Unterbringung von Gefangenen in einem Einzelhaftraum mit einer Größe von höchstens 5,3 Quadratmetern und einer im Raum befindlichen Toilette, die nur durch einen stabilen Kunststoffvorhang abgetrennt ist, gegen das Gebot der menschenwürdigen Behandlung verstößt. Das Landgericht folgte damit dem Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2009.

15.08.2012 Ta