Nichts ist sicher!

Elektronische Fußfessel oder dauerhafte Verwahrung? Streit nimmt kein Ende

Berlin/Darmstadt (dv). Was ist nun mit der Sicherungsverwahrung? Während sich in Berlin die Politiker in nicht enden wollenden Diskussionen verheddern, macht im hessischen Darmstadt ein düsterer Fall Schlagzeilen: Mit 24 Jahren wurde Serientriebtäter Jörn P. (heute 43) zum ersten Mal wegen Vergewaltigung verurteilt. Mehrere Gutachter diagnostizierten eine Persönlichkeitsstörung bei ihm. Vor acht Monaten sprach ihn ein Gericht frei. Nun wurde der Mann wieder rückfällig und missbrauchte eine junge Frau. Was tun mit solch einem Menschen?

Union und FDP sind uneins
Union und FDP beharren vor einem Berliner Treffen der Justiz-Staatssekretäre aus Bund und Ländern über eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung für gefährliche Schwerkriminelle auf ihren gegensätzlichen Positionen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), sagte am heutigen Freitag im Deutschlandfunk, eine nachträgliche Unterbringung habe sich in der Praxis nicht bewährt. Gerichte hätten in der Mehrzahl der Fälle davon keinen Gebrauch gemacht. Die bisherigen Regelungen müssten ersetzt werden. Ergänzend sollte es die elektronische Aufenthaltsüberwachung geben.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüßte zwar den Einsatz von elektronischen Fußfesseln. Dies reiche aber nicht aus, sagte er. Die schwarz-gelbe Koalition müsse unbedingt zu einer Lösung kommen. Alles andere sei unverantwortlich.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, äußerte Vorbehalte gegenüber der elektronischen Fußfessel. Die Polizei sei damit überfordert, in großem Umfang entlassene Straftäter mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen, sagte der GdP-Chef im Bayerischen Rundfunk. Er geht davon aus, dass etwa 70 Straftäter aufgrund des Urteils des Europäischen Menschengerichtshofes freigelassen werden müssen.

Vorbereitung auf die Freiheit muss sein
Berlins Justizministerin Gisela von der Aue (SPD) schlug vor, die Betroffenen in Einrichtungen des betreuten Wohnens unterzubringen. Dort könnten ihnen ein strukturierter Tagesablauf und entsprechende Behandlungen angeboten werden, sagte die SPD-Politikerin im ARD-«Morgenmagazin». Bereits seit März kooperierten alle beteiligten Behörden, um die Inhaftierten auf ihre Freiheit vorzubereiten und künftig so zu betreuen, damit «möglichst nichts passiert. Eine gute Vorbereitung ist der beste Schutz für die Bevölkerung». Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die deutsche Praxis mit Blick auf das Rückwirkungsverbot gerügt.

06.08.2010 dv