Sauerland-Helfer verurteilt

Angeklagter bereut: "Will das alles hinter mich bringen"

Frankfurt/Main (dapd). Die Bundesanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren gegen den zweifachen Vater beantragt. Die Verteidigung verlangte kein konkretes Strafmaß. Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel lobte in der Urteilsbegründung das Geständnis des Mannes und die Bereitschaft, sich dem Verfahren vom Anfang an zu stellen. Der Angeklagte hatte zuvor mehrere Monate in der Türkei im Gefängnis gesessen und sich währenddessen den deutschen Behörden gestellt. Die Haftzeit in der Türkei wird ihm angerechnet.

Schulung im Terrorcamp
Die Generalbundesanwältin Andrea Sewitz wertete die Straftaten des 28-Jährigen als Teil der Aktivitäten der sogenannten Sauerlandgruppe. Die vier Mitglieder der Gruppe waren im März 2010 zu Haftstrafen zwischen fünf und zwölf Jahren verurteilt worden, weil sie im Auftrag der IJU Anschläge auf US-Einrichtungen in Deutschland geplant hatten. Der Angeklagte habe den Anführer der Sauerlandgruppe im März 2007 unterstützt, indem er im Internet mehrere Ausrüstungsgegenstände für die Zwecke des Dschihad (Heiliger Krieg“) erstand und sie an den Anführer weitergab, sagte Sewitz. Ende März 2007 reiste der Vater und Ehemann laut seinem Geständnis mit seiner Familie in den Norden Pakistans, um dort ein Terrorcamp der IJU zu besuchen. Er kaufte sich eine Kalaschnikow, Munition und vier Handgranaten – die „Standardausrüstung“, wie er selbst während des Prozesses gesagt hatte.

Geschult wurde im Umgang mit Waffen, im Bombenbau und im konspirativen Verhalten. „Er wusste und billigte es, künftig an Anschlägen mitzuwirken“, sagte Sewitz. Anfangs habe er auch in Kauf genommen, mit der Reise ins Terrorcamp seine Frau und seine Tochter in Lebensgefahr begeben zu haben. Es gebe keine Zweifel an seiner fundamentalistischen Einstellung. Der Angeklagte habe seine extremen Ansichten aber schließlich überdacht und durch seine Rückreise in die Türkei im November 2007 Rücksicht auf seine Familie genommen.

„Es war ein Riesenfehler“
Der Familienvater versicherte vor Gericht, es sei „ein Riesenfehler“ gewesen, ins Terrorcamp zu reisen. Er habe heute keinerlei Kontakt mehr zur IJU oder anderen früheren Gesinnungsgenossen. „Ich habe mich vernünftig und richtig entschieden, die IJU zu verlassen.“ Nun will der Mediengestalter mit seiner Vergangenheit abschließen und ein neues Leben beginnen. Seine Frau und seine zwei Töchter leben derzeit in der Türkei. Im Prozessverlauf hatte der 28-Jährige nicht ausgeschlossen, nach der Haft wieder mit ihnen in Deutschland zu wohnen und sich in der Werbung selbstständig zu machen.

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16.10.2010 dv