Berlin (dv) Seit zwei Jahren arbeitet das US-Unternehmen Google daran, seinen Bilderdienst Street View“ auch für deutsche Städte anzubieten. Bis Ende des Jahres sollen Straßenzüge und Viertel aus 20 deutschen Städten in dreidimensionalen Fotoansichten zu betrachten sein. Sehr detailgetreu, sehr professionell und teuer hergestellt.
Beispiel Paris
Wie das aussieht, kann der Net-Surfer schon jetzt bewundern. Nehmen wir zum Beispiel die Rue Lafayette in Paris. Die ist am Anfang eine beste Adresse für Banker und hochmögende Geschäftsleute – auf Höhe von Gare du Nord und Gare de l’Est verändert sich die Straße, wird bürgerlich und für Touristen nicht mehr sehr interessant. Eine typische Pariser Rue.
Nun kann man sie virtuell begehen. Jeden Hinterhof, jedes Geschäft, jede Bank, Meter für Meter, Quartier für Quartier.
Bien sur, das macht Spaß. Man möchte sich schier verlaufen im Street-View“-Paris. Aber es bleibt auch das Unbehagen, dass da durch „Street View“ Einblicke möglich gemacht werden, die manchem gar nicht so recht sind. Will sich wirklich jeder in seinen Hinterhof gucken lassen? Oder hat sich vielleicht der wunderbare Juwelier im besseren Teil der Rue Lafayette schon mal Gedanken gemacht, wie einfach es jetzt ist, auf „Street View“ einen Fluchtweg weg von seinem Geschäft durch die Stadt auszubaldowern?
Krude Gedanken? Schwarzmalerei? Wohl eher nicht. Denn in Deutschland werden jetzt mehr und mehr Zweifel am Google-Projekt laut.
Google: Alles halb so schlimm
Da hilft es auch nicht, wenn Google beschwichtigt. Alle Gesichter würden doch unkenntlich gemacht, heißt es. Ebenso köntnen Hausbesitzer und Mieter darauf bestehen, dass ihre Gebäude nicht identifizierbar sind..
Doch so recht kann die Internet-Firma die deutschen Datenschützer, Politiker und Skeptiker nicht beruhigen. Google hätte kooperativ an einer deutschen Street-View-Version arbeiten können, die den bestmöglichen Ruf hat, bemängeln die Kritiker. Doch was passiert? Die Firma überrumpelt die Datenschützer mit einer vorgezogenen und viel zu kurzen Widerspruchsfrist, die noch dazu in den Ferien liegt. Eine Telefonhotline verweigert man ganz.
Wachsamkeit ist gefordert und versprochen
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar: bringt das Unbehagen auf den Punkt: Es seii weiterhin unklar, ob das Unternehmen den Ablauf des Widerspruchsprozesses von der Entgegennahme bis zur Löschung oder Unkenntlichmachung der Bilder offen lege. „Wir erwarten, dass uns diese Informationen vor Öffnung des Tools vorgelegt werden.“
Nur dann sei es auch möglich, Bürgern dazu zu raten, an dem Verfahren überhaupt teilzunehmen, schließlich müssten sie ihre Daten für den Widerspruch zur Verfügung stellen. In einem Schreiben an den Internet-Konzern macht der Hamburger Datenschützer deutlich, dass die Verantwortung der Umsetzung aller Vorgaben bei Google selbst liege.
Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner mimt die starke Frau: Sie werde den Überblick in puncto „Street View“ nicht verlieren. „Meine Forderung und die öffentliche Diskussion über die Veröffentlichung von Informationen über Häuser und Grundstücke im Internet bei Google haben Wirkung gezeigt“, sagt Aigner. „Entscheidend ist für mich, ob das Versprechen, alle Widersprüche umzusetzen, auch eingelöst wird.“
11.08.2010 dv
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