Korbach/Ismaning (wel). Das war einer der ungewöhnlichsten Fälle in der Geschichte von Aktenzeichen XY“. Die Kripo Korbach sitzt seit Februar auf über 15.000 gestohlenen Büchern und sucht die rechtmäßigen Eigentümer. Etwa 10.000 Bücher konnten bereits zugeordnet werden, bei den restlichen taten sich die Beamen schwer.
Doch jetzt, nachdem der Fall in XY behandelt wurde, stehen die Telefone in der kleinen nordhessischen Dienststelle nicht mehr still. Eine Woche nach der Sendung haben sich bereits 20 Institute und einige Privatpersonen gemeldet, denen die zum Teil sehr wertvollen historischen Werke im Regal fehlen. Anhand von Bestandslisten und Katalogen können sie nachweisen, dass sie tatsächlich die rechtmäßigen Eigentümer sind.
Überraschende Resonanz
Kriminalhauptkommissar Dieter Schröder, der den Fall am vergangenen Mittwoch im XY-Studio erläuterte und einige der Bücher aus dem 18. bis 20. Jahrhundert präsentierte, ist von der Reaktion der XY-Zuschauer völlig überrascht: „Mit solch einer Resonanz hätte ich in der kurzen Zeitspanne nicht gerechnet.“
Gestohlen wurden die Bücher nach Lage der Dinge ausgerechnet von einem Ministerialbeamten. Der Mann, Mitarbeiter im hessischen Wissenschaftsministerium, hat ein Faible für alte Bücher – vor allem aus dem naturwissenschaftlichen Themenbereich. Er war Stammgast in vielen europäischen Bibliotheken. Doch nach seinen Besuchen bemerkten Archivare, dass sich Lücken in den Regalen aufgetan hatten.
Auf frischer Tat ertappt
So auch in der Fürstlich-Waldeckischen Hofbibliothek in Bad Arolsen, wo der Ministerialbeamte ein- und ausging. Die Kripo wurde eingeschaltet, Überwachungskameras heimlich installiert. Am 21. Februar 2012 stattete der Verdächtige der in einem Schloss untergebrachten Bibliothek erneut einen Besuch ab und steckte – wie die Polizei berichtet – nach und nach sage und schreibe 53 Bücher ein. Die Beamten nahmen den Mann auf frischer Tat fest und die Bücher wieder ab.
Nicht schlecht staunten sie dann aber, als sie routinemäßig auch die Wohnung des Ministerialbeamten im südhessischen Darmstadt durchsuchten. In seinen Regalen standen etwa 15.000 Bücher, die ganz offensichtlich nicht ihm gehörten. Sie stammen, wie sich später herausstellte, aus Bibliotheken in ganz Europa und haben einen Millionenwert. Der Beamte mit dem Büchertick wollte sich offenbar eine eigene Sammlung zulegen, wie Hauptkommissar Schröder in der XY-Sendung mutmaßte. Ein Großteil der Bücher hatte er mit einem Stempel versehen, den er sich eigens dafür hatte anfertigen lassen. Damit wollte er wohl dokumentieren, dass die zum Teil historischen Werke sein Eigentum sind.
Bis zehn Jahre Haft
„Wir reden hier von bedeutendem Kulturgut von unschätzbarem Wert,“ stellt Schröder angesichts der Bücherflut fest. Der Mann habe sich wohl demnächst wegen „besonders schwerem Diebstahl“ vor Gericht zu verantworten. Das Strafgesetzbuch sieht dafür eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren vor.
Auf der Homepage der hessischen Polizei findet sich die Liste der bisher noch nicht zugeordneten Bücher.
Foto: Securitel
07.11.2012 wel
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