Freilassung auf Zeit: Rockerboss wartet in Freiheit auf seinen Prozess

Hannover/Cádiz (dpa). Zwei Jahre nach seiner Festnahme auf Mallorca ist der ehemalige Rocker-Boss Frank Hanebuth wieder auf freiem Fuß – will künftig aber einen Bogen um die beliebte Urlaubsinsel machen. Der 50-Jährige verließ das Hochsicherheitsgefängnis im südspanischen Cadíz, wo auch Terroristen und Schwerverbrecher einsitzen, am späten Montagabend.

Schon kurz vor Hanebuths Freilassung aus der Untersuchungshaft fuhren 40 Hells Angels mit ihren Motorrädern vor dem Rathaus seiner Heimatstadt Hannover zum Gruppenfoto vor. Offiziell hat sich die Rockergruppe in Hannover 2012 aufgelöst. Ihr Auftritt vor dem Rathaus löste Proteste von Kommunalpolitikern aus. In Hannover wird weiter über den andauernden Einfluss der Rocker im Rotlichtviertel der Stadt spekuliert.

Freunde sind zur Stelle
Ermittler stuften Hanebuth als europaweit einflussreichen Rockerboss ein. Gegen eine Kaution von 60.000 Euro und die Auflage, sich täglich bei der spanischen Polizei zu melden, kam er nun bis zu einem Prozess aus der Untersuchungshaft frei. Die Behörden legen ihm die Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, Menschenhandel, Erpressung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Geldwäsche zur Last.

Wie ein Gefängnismitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur sagte, holten zwei Freunde den sichtlich glücklichen Deutschen mit einem roten Wagen ab. Sie hätten ihn überschwänglich unter anderem mit Umarmungen und Schulterklopfen begrüßt. Hanebuth werde auf dem Festland bleiben, sagte sein Anwalt Götz von Fromberg. «Er ist draußen und will jetzt erstmal zur Ruhe kommen.» Wann es zu einer Anklage und einem Prozess kommt, sei völlig offen.

Schnelligkeit der Entscheidung überrascht
Erst vor gut einem Monat entschied ein Ermittlungsrichter in Madrid noch, dass Hanebuth bis zu zwei weitere Jahre in U-Haft bleiben sollte. Einem Einspruch der Verteidigung wurde aber am vergangenen Freitag für spanische Verhältnisse überraschend schnell stattgegeben. Aus Justizkreisen war zu erfahren, dass man inzwischen nicht mehr befürchte, Hanebuth könne Beweismaterial vernichten oder die Ermittlungen stören.

Dem Deutschen würden keine Verdunkelungsabsichten mehr vorgeworfen. Weiter hieß es, das «schleppende Vorankommen der Untersuchungen» sowie die lange Zeit Hanebuths in der U-Haft seien bei der Entlassung ebenfalls berücksichtigt worden.

Spanische Beamte bestochen?
Nur rund zwei Monate nach seiner Ankunft auf Mallorca war Hanebuth am 23. Juli 2013 auf einer Finca in Lloret de Vistalegre im Inneren der Insel zusammen mit 23 mutmaßlichen Komplizen – vorwiegend Deutsche, aber auch Türken, Luxemburger und Spanier – festgenommen worden. Die Fahnder durchsuchten bei der Großrazzia damals mehr als 30 Wohnungen und Lokale und stellten Waffen, zehn Autos, vier Motorräder, Boote sowie Juwelen und Drogen sicher.

Fast alle Festgenommenen hatten auf der Ferieninsel nach Polizeiangaben «ein Luxusleben geführt». Hanebuth lebte auf einem Anwesen, dessen Wert von der Polizei auf 2,5 Millionen Euro geschätzt wurde. Unter den Verdächtigen sind auch zwei mallorquinische Polizeibeamte und ein Angehöriger der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil (Zivilgarde). Sie sollen den Rockerclub gegen Bezahlung mit Informationen beliefert haben.

29.07.2015 Ta