München (dapd). Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisiert die seit 1. Januar mögliche Anordnung der elektronischen Fußfessel für rückfallgefährdete Sexual- und Gewaltstraftäter. Die Fußfessel sei nur ein besseres Babyphone, erklärte der bayerische DPolG-Landesvorsitzende Hermann Benker. Es sei «ungeheuerlich», dass Sexual- und Gewaltstraftäter, denen amtlich eine Wiederholungsgefahr bescheinigt werde, auf die Menschheit losgelassen würden. «Fußfesseln sind was für Eierdiebe, aber nicht für triebgesteuerte Schwerverbrecher», betonte er.
Die sogenannte Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) kann nach der Reform der Sicherungsverwahrung in Bayern seit Neujahr für entlassene Schwerkriminelle angeordnet werden, die zu einer Haftstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden waren und bei denen iederholungsgefahr besteht. Dabei wird der Kriminelle mit Hilfe eines um seinen Knöchel gebundenen Senders überwacht.
Diese Überwachung könne nur unter Mithilfe des Verbrechers funktionieren und hindere ihn überdies nicht daran, neue Straftaten zu begehen, kritisierte Benker. Zum einen sei eine Überwachung in der Wohnung des Kriminellen aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Zum anderen müsse er sich zwar von vorher festgelegten Verbotszonen fernhalten. «Bei Verstößen müssen personell unterbesetzte Polizeidienststellen schauen, wie sie den potenziellen Wiederholungstäter wieder einfangen», schilderte Benker die praktischen Probleme.
Technik kann versagen
Dabei sei noch gar nicht berücksichtigt, dass Technik ausfallen oder die GPS-Ortung keinen Empfang haben könnte. Benker wirft der Politik vor, mit den Sicherheitsbedürfnissen potenzieller Opfer zu spielen. «Die Politik hat es jahrelang nicht geschafft, auf die gerichtlichen Vorgaben der EU und des Bundesverfassungsgerichts zu reagieren. Jetzt wird die Verantwortung einer personell gebeutelten Polizei zugeschoben», betonte er.
Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) bezeichnete die Äußerungen der DPolG als polemisch. «Klar ist, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung keine wirkliche ‚Fußfessel‘ ist, die Rückfälle sicher verhindert. Das haben wir auch immer so gesagt. Aber sie kann abschrecken», erklärte sie.
Zudem gehe es um Personen, die ihre Strafe voll verbüßt hätten und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus der Haft entlassen werden müssten. Statt die Hände in den Schoß zu legen, würden die zur Verfügung stehenden Mittel genutzt. «Und dazu gehört die elektronische Aufenthaltsüberwachung. Jeder Rückfall, den sie verhindert, lohnt ihren Einsatz», sagte Merk.
03.01.2012 dv