Tödlicher Besuch

GELÖST: In eigener Wohnung ermordet

(XY-Gelöst vom 6. März 2024)
Eine Berliner Rentnerin steht kurz vor einem neuen Lebensabschnitt: Gemeinsam mit ihrem Sohn und dessen Familie möchte sie aufs Land ziehen. Die Umzugskartons sind bereits gepackt. Da passiert ein schreckliches Verbrechen: Die Frau wird in ihren eigenen vier Wänden ermordet.

XY-Szenenfoto

Im September 2001 findet der Sohn die Leiche seiner 63-jährigen Mutter in deren Wohnung. Alles spricht für einen Raubversuch, der aus dem Ruder gelaufen ist. Doch an der Tür sind keine Aufbruchspuren zu finden. Hat die Frau ihren Mörder freiwillig in die Wohnung gelassen? Hat sie ihn gar gekannt?

Überraschung bei DNA-Auswertung
Die Polizei kann am Tatort fremde DNA sicherstellen. Bei der Untersuchung stellt sich heraus: Die Rentnerin wurde von einer Frau ermordet. Dazu passt die Beobachtung einer Nachbarin, am Tattag und in den Tagen davor habe sich eine verdächtige Frau im Eingangsbereich des Hauses herumgetrieben.

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Sie habe vor dem Haus mit einem Handy telefoniert und sich schließlich unter dem Vorwand, jemanden besuchen zu wollen, Zutritt zu dem Haus verschafft. Die Polizei sucht mit einem Phantombild nach der unbekannten Frau, Funkzellen werden ausgewertet und etwa 50 Speichelproben genommen. Alles ohne Erfolg.

Neue Ermittlungen
Im Jahr 2012 befasst sich die Mordkommission noch einmal intensiv mit dem Fall. Dabei gerät auch der Sohn des Opfers kurzzeitig unter Mordverdacht, Er bestätigt sich aber nicht. Die Ermittler nehmen zudem die Telefondaten von damals noch einmal unter die Lupe – und werden fündig.

Wenige Tage vor dem Mord waren vom Telefonanschluss einer ehemaligen Arbeitskollegin mehrere Anrufversuche unternommen worden. Die Inhaberin des Anschlusses war damals wegen ihres hohen Alters als mögliche Täterin ausgeschlossen worden. Die Beamten suchen die Frau auf. Sie ist inzwischen fast 90 Jahre alt und wird von ihrer Tochter versorgt, die bei ihr wohnt.

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DNA-Treffer
Mutter und Tochter geben freiwillig Speichelproben ab. Das Ergebnis überrascht die Ermittler: Die DNA der Tochter stimmt genau mit den Spuren vom Tatort überein. Die inzwischen 54-jährige Frau hatte Mietschulden und wollte sich nur etwas Geld aus dem Portemonnaie der Rentnerin nehmen. Doch diese hatte sie damals auf frischer Tat ertappt und wollte die Polizei rufen. Um das zu verhindern, tötete die Frau die ältere Dame.

Über 13 Jahre nach der Tat fällt am Landgericht Berlin das Urteil: Die Täterin wird wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Kriminalpsychologin Lydia Benecke:
Die Täterin hatte keinen Mord geplant. Sie hatte die Wohnung ihres Opfers betreten, um einen Diebstahl zu begehen. Als sie auf frischer Tat ertappt wurde, löste dies enormen Stress aus. Sie geriet in Panik, hatte Angst vor Bestrafung und wollte nicht als Diebin enttarnt werden.
Die Tat hat sie begangen, um den Diebstahl zu verdecken. Bei Taten wie dieser, die schnell, spontan und unter starker emotionaler Anspannung ablaufen, kann es vorkommen, dass einige Details und Bilder sehr gut erinnert werden, andere aber nur schlecht oder gar nicht. Das könnte eine Erklärung sein, warum die Täterin bei den Vernehmungen und vor Gericht keine genauen Angaben zur Gewalt machen wollte oder konnte, die sie bei dem Verbrechen angewendet hat. Sie empfand die Tat möglicherweise selbst als unangenehm und wollte nur ungern daran denken.